Leitsatz

Eine Gemeinde, die aufgrund der Straßenverkehrsordnung Parkplätze durch Aufstellung von Parkscheinautomaten gegen Parkgebühren überlässt, handelt insoweit nicht als Unternehmer i. S. des Umsatzsteuerrechts.

 

Sachverhalt

Eine Gemeinde in Bayern stellte in den Streitjahren 1990 bis 1993 eigene sowie vom Landkreis überlassene Grundstücke als öffentliche Parkflächen zur Verfügung. Dafür ordnete sie als Straßenverkehrsbehörde gemäß §§ 44 und 45 StVO"aus Gründen der Sicherheit und Ordnung" die Aufstellung von Parkscheinautomaten und entsprechenden Verkehrszeichen an. Die Parkgebühren wurden nach Maßgabe einer Parkgebührenordnung aufgrund des § 6a Abs. 6 StVG erhoben. Ein Verstoß gegen die Parkbestimmungen war bußgeldbewehrt gemäß § 24 StVG i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 13 StVO. Die Einhaltung der Parkbestimmungen wurde durch den Verkehrsüberwachungsdienst der Gemeinde, der insoweit Polizeifunktion ausübte, überwacht. Die Parkflächen waren nicht förmlich dem öffentlichen Verkehr gewidmet.

Das Finanzamt kam zu der Auffassung, die Gemeinde übe mit der entgeltlichen Überlassung der Parkflächen einen Betrieb gewerblicher Art aus, weil die Flächen nicht dem öffentlichen Verkehr gemäß Art. 6 BayStrWG gewidmet seien. Es bezog deshalb für die Streitjahre die in den Umsatzsteuererklärungen der Gemeinde nicht angesetzten Erlöse aus den Parkscheinautomaten in die Umsatzsteuerfestsetzungen ein. Die Klage der Gemeinde hatte Erfolg. Das Finanzamt legte Revision ein.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte im Ergebnis die Entscheidung des FG, dass die Gemeinde mit der Überlassung der Parkflächen nicht als Unternehmerin tätig war[1].

Zwar erfüllen gebührenpflichtige Parkplätze von Gemeinden, die diese auf eigenem oder gepachtetem Grund und Boden unterhalten, nach der Rechtsprechung des BFH die Merkmale eines Betriebs gewerblicher Art einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Eine hoheitliche Betätigung liegt nicht vor, weil ein Privatunternehmer – ohne von der Gemeinde damit betraut zu sein – die Unterhaltung eines bewachten Parkplatzes oder einer Tiefgarage ebenfalls wahrnehmen könnte.

Davon zu unterscheiden sind aber Fälle der vorliegenden Art, in denen eine Gemeinde als Straßenverkehrsbehörde[2] die Benutzung der Parkplätze "aus Gründen der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs"[3] durch Aufstellung der Parkscheinautomaten[4] und der Verkehrszeichen beschränkt und für das Parken Gebühren aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Gebührenordnung erlassen hat. Dies könnte ein privater Unternehmer nicht.

Die Ausübung der Tätigkeit im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung ist nach den gegebenen Umständen auch nicht deshalb gem. Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der 6. RL als unternehmerisch zu behandeln, weil die Behandlung der Gemeinde als Nicht-Steuerpflichtige nicht zu "größeren Wettbewerbsverzerrungen" i. S. der Bestimmung führt. Zwar durfte – entgegen FG und BFH[5] – das Vorliegen einer Wettbewerbsverzerrung nicht mit der Begründung verneint werden, im Gemeindegebiet seien private Unternehmer, die Parkplätze gegen Entgelt betrieben, in den Streitjahren nicht vorhanden gewesen. Der Schutz des potentiellen Wettbewerbs wird damit nicht berücksichtigt. Ein solcher potentieller Wettbewerb war aber zu verneinen, weil für die – nach § 45 StVO zur Verbesserung der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs angeordnete – Zurverfügungstellung von Kurzzeitparkplätzen kein wettbewerbsrelevanter Markt besteht. Insofern unterscheidet sich der hier gegebene Sachverhalt von einer – auch langfristigen – Parkplatzüberlassung in Parkhäusern[6].

 

Praxishinweis

Zur unternehmerischen Betätigung einer Gemeinde durch Parkplatzüberlassung hat der EuGH[7] bereits den gemeinschaftsrechtlichen Rahmen dargestellt. Diese Grundsätze überträgt das Besprechungsurteil in das deutsche Umsatzsteuerrecht. Lässt man die unerfreulich komplizierte Verweisungstechnik des § 2 Abs. 3 UStG auf das KStG im Hintergrund, ergibt sich ein "einfaches" Beurteilungsgerüst:

  • Die Tätigkeit der öffentlichen Hand (hier: Gemeinde) in Formen des öffentlichen Rechts (verwaltungsrechtliche Regelung mit Gebührenerhebung), die hoheitsrechtlichen Zwecken (hier: Verbesserung der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs) dient, ist regelmäßig nichtunternehmerisch. Hier scheidet regelmäßig Wettbewerb gegenüber "privaten" Anbietern aus, weil insoweit keine Wettbewerbssituation am Markt besteht. Das gilt nach dem Urteil jedenfalls für Kurzzeitparkplätze mit Parkuhr- oder Parkscheinautomaten-Regelung auf Gebührenbasis nach der StVG.
  • Dagegen ist die Vermietung von Parkplätzen, die nicht zur hoheitlichen Regelung des Verkehrs, sondern (eben nur) dem kürzeren oder längeren Abstellen von Fahrzeugen dient, regelmäßig auch dann unternehmerisch, wenn sie in Formen des öffentlichen Rechts betrieben wird; denn sie steht im Wettbewerb mit – auch nur "potentiellen" – Privatanbietern. Parkhäuser dürften ohnehin regelmäßig in privatrechtlicher Formbetrieben werden.

Das Kriterium der "größeren Wettbewerbsverzerrung", das bei richtlinie...

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