Leitsatz

Die Rückabwicklung eines Anschaffungsgeschäfts wegen irreparabler Vertragsstörungen stellt kein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG dar.

 

Sachverhalt

A erwarb im Jahr 01 von einem Bauträger zum Festpreis von 200000 EUR eine noch zu errichtende Eigentumswohnung, die er nach Fertigstellung im Jahr 02 vermietete. Im Jahr 04 forderte er den Bauträger auf, die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zu seinen Gunsten zu bewirken; eine Erfüllung nach Fristablauf lehnte er ab. Nach erfolglosem Fristablauf und der Insolvenz des Bauträgers forderte A vom Bürgen, der H-Bank, Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises. Die Bank zahlte an A 200000 EUR Zug um Zug gegen Herausgabe der Wohnung. Das Finanzamt beurteilte Erwerb und Herausgabe als privates Veräußerungsgeschäft. Ein Gewinn ergab sich, weil A in den Jahren 02 bis 04 Abschreibungen in Anspruch genommen hatte, welche gemäß § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG die Anschaffungskosten mindern. Das FG gab der Klage statt; der BFH folgte der Vorinstanz im Ergebnis.

 

Entscheidung

Private Veräußerungsgeschäfte sind steuerbar, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung von Grundstücken nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Es handelt sich um einen gestreckten Steuertatbestand, dessen Verwirklichung mit der Anschaffung beginnt und mit dessen Veräußerung endet. Eine Veräußerung liegt nicht vor, wenn sich das ursprüngliche Anschaffungsgeschäft lediglich in ein Abwicklungsverhältnis verwandelt. Denn die Herausgabe des zuvor angeschafften Wirtschaftsguts stellt hierbei keinen gesonderten marktoffenbaren Vorgang, sondern nur einen notwendigen Teilakt im Rahmen der Rückabwicklung dar. Liegt ein Abwicklungsverhältnis vor, kommt es nicht darauf an, ob A mit den 200000 EUR Schadensersatz vereinnahmt oder seine Gegenleistung zurückerhält.

 

Praxishinweis

Ob der Begriff der Veräußerung nur die entgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts auf eine andere Person umfasst, ist nicht ganz klar. Als Veräußerung hat die Rechtsprechung auch den Tausch eines Fremdwährungsguthabens[1] und ein Glattstellungsgeschäft im Optionshandel angesehen[2]. Sie hat solche Vorgänge als "marktoffenbar" bezeichnet, ein Begriff, der im Gesetz nicht vorkommt und über dessen Grenzen noch gestritten werden wird. Gehört z.B. die Einziehung einer Forderung, die der BFH bisher als Veräußerung gewertet hat[3], dazu? Auch wenn der Steuerpflichtige damit eine Wertsteigerung realisiert – etwa dann, wenn er eine Forderung von 500000 EUR für 100000 EUR kauft, einzieht und einen Mehrwert von 400000 EUR erzielt –, ist fraglich, ob dies für die Erfüllung des Tatbestands des § 23 EStG ausreicht.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 27.6.2006, IX R 47/04

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