Leitsatz (amtlich)

Die Fristen des § 6b Abs. 3 EStG 1987 sind durch das WoBauFG vom 22.12. 1989 (BGBl I 1989, S. 2408, BStBl I 1989, S. 505) nicht auf vier bzw. sechs Jahre verlängert worden.

 

Sachverhalt

Der Kläger veräußerte 1988 seinen Gastronomiebetrieb in B. Für den auf den Grund und Boden und das Gebäude entfallenden Anteil am Veräußerungsgewinn (402 277 DM) bildete er eine Rücklage nach § 6b EStG 1987. 1990 erwarb er einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück in H. Auf diesem Grundstück errichtete er zusammen mit der Miteigentümerin ein Hotel, mit dessen Bau 1991 begonnen und das 1993 fertiggestellt wurde. Die Rücklage nach § 6b EStG löste er zum 31.12.1990 in Höhe der Anschaffungskosten des Grundstücksanteils von 185 000 DM und zum 31.12.1991 sowie 31.12.1992 in Höhe der Herstellungskosten des Gebäudes von 7 351 DM bzw. 11 108 DM auf. Der Kläger nahm an, dass im Streitfall die - gegenüber der bisherigen Regelung - verlängerte Reinvestitionsfrist des § 6b Abs. 3 EStG i.d.F des WoBauFG vom 22.12.1989 gelte. Das Finanzamt meinte dagegen, die Reinvestitionsfrist sei bereits abgelaufen, weil § 6b Abs. 3 i.d.F. des EStG 1987 anzuwenden sei. Klage[1] und Revision blieben erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Das FG hat zu Recht entschieden, dass im Streitfall die Vorschrift des § 6b Abs. 3 Sätze 2 und 3 EStG 1987 anwendbar ist. Da der Kläger nicht vor Ablauf des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahrs mit der Herstellung begonnen hat, kommt ein Abzug von den Herstellungskosten nicht in Betracht.

Das FG hat die Auffassung vertreten, die Anwendbarkeit des § 6b Abs. 3 EStG 1987 und die Maßgeblichkeit der vierjährigen Reinvestitionsfrist folgten für den Streitfall aus § 52 Abs. 9 Satz 1 EStG i.d.F. des Art. 1 Nr. 73 StRG 1990. Nach dieser bei Inkrafttreten des WoBauFG bereits geltenden Vorschrift sei die Neufassung des § 6b EStG erstmals auf Veräußerungen nach dem 31.12.1989 anzuwenden; bereits laufende Fristen würden dadurch nicht verlängert.

Der erkennende Senat hält diese Rechtsauffassung für zutreffend. Nach § 52 Abs. 9 Satz 1 EStG i.d.F. des StRG 1990 ist die - hinsichtlich der Verlängerung der Reinvestitionsfrist nicht einschlägige -Neufassung des § 6b EStG durch dieses Gesetz erstmals auf nach dem 31.12.1989 vorgenommene Veräußerungen anzuwenden. Für bis zu diesem Zeitpunkt getätigte Veräußerungen blieb es bei der bisherigen Rechtslage, mithin bei der bisherigen Reinvestitionsfrist von vier Jahren. Dies folgt aus § 52 Abs. 1 Satz 1 EStG 1990 i.d.F. des StRG 1990 i.V.m. einem Umkehrschluss aus der vorgenannten Fassung des § 52 Abs. 9 Satz 1 EStG. Der zeitliche Anwendungsbereich jedenfalls dieser Neuregelung ist folglich abhängig vom Datum der Veräußerung. Die hierdurch bewirkte Rechtslage ist auch durch das WoBauFG nicht geändert worden und gilt zur Anwendung der Neuregelungen im WoBauFG - so auch für die Verlängerung der Reinvestitionsfrist - fort. Nach der Bestimmung des § 52 Abs. 1 Satz 1 EStG 1990 ist "diese Fassung des Gesetzes" ab dem VZ 1990 anzuwenden, "soweit in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist". Damit wird auf die für die zeitliche Geltung des § 6b EStG einschlägige Anwendungsvorschrift des § 52 Abs. 9 EStG i.d.F. des StRG 1990 verwiesen, die somit unverändert weiter gilt. Dem BMF ist darin zu folgen, dass das WoBauFG als "punktuelles Änderungsgesetz" die von ihm nicht geänderten materiellen Vorschriften wie auch die Anwendungsvorschriften des § 52 EStG unberührt lässt. Mithin wird die Verlängerung der Reinvestitionsfrist vom Anwendungsbereich der bereits geltenden, nach ihrem Wortlaut einschlägigen Schlussvorschrift erfasst.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 15.12.1999 - X R 97/96

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