Leitsatz

  1. Die Vorsteuerpauschalierung zum Zweck der Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens nach § 23 UStG i.V.m. § 70 UStDV für bestimmte Berufsgruppen erfordert, dass das FA den Unternehmer leicht und eindeutig einer der in § 70 UStDV genannten Berufsgruppe zuordnen kann.
  2. Übersetzer sind keine "Schriftsteller" i.S.d. Anlage zu den §§ 69 und 70 UStDV Abschn. A IV. Nr. 5. Eine einzelfallorientierte Zuordnung von Übersetzern zu dieser Berufsgruppe oder von Untergruppen der Übersetzer (Literaturübersetzer, Fachübersetzer), je nach der Übersetzungstiefe oder dem wissenschaftlichen Gehalt der Übersetzung, widerspricht dem Vereinfachungszweck.
 

Konsequenzen für die Praxis

Die nach § 23 UStG i.V.m. §§ 69 und 70 UStDV der Anlage hierzu zulässige Vorsteuerpauschalierung dient der Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens. Sie kann eingeführt werden für Gruppen von Unternehmern, bei denen hinsichtlich der Besteuerungsgrundlagen annähernd gleiche Verhältnisse vorliegen und die nicht verpflichtet sind, Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen. Abschn. A IV. Nr. 5 der Anlage bestimmt Durchschnittssätze für freiberuflich tätige Schriftsteller, "die geschriebene Werke mit überwiegend wissenschaftlichem, unterhaltendem oder künstlerischem Inhalt schaffen".

Übersetzer sind – schon im allgemeinen Sprachgebrauch – keine Schriftsteller, denn sie schaffen keine eigenen Werke, sondern übertragen fremde Werke in eine andere Sprache. Deshalb unterscheidet nicht nur das Steuerrecht (§ 18 EStG), sondern auch das Urheberrecht zwischen Schriftsteller und Übersetzer. Dass das Urheberrecht ihnen einen Schriftstellern vergleichbaren Schutz gewährt ist insoweit unerheblich. Auch für eine Differenzierung der Übersetzer nach dem Gegenstand der Übersetzung gibt das USt-Recht keinen Anhaltspunkt; es widerspräche auch ganz offensichtlich dem Vereinfachungszweck, müssten FA oder FG die "Übersetzungstiefe" in jedem Einzelfall prüfen.

Ausnahmeregelungen sind nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und des BFH grundsätzlich eng auszulegen. Das gilt insbesondere auch für eine Abweichung von dem Grundsatz, dass nur die in Rechnungen zu Recht ausgewiesene Vorsteuer abziehbar ist. Bereits dies steht der Übertragung der – am Begriff des freiberuflichen Schriftstellers orientierten – Überlegungen im BFH-Urteil vom 30.10.1975[1] zum pauschalierten Betriebsausgabenabzug auf die USt entgegen. Eine einzelfallorientierte Entscheidung widerspräche im Übrigen Inhalt und Zweck der Ermächtigung in § 23 UStG.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 23.7.2009, V R 66/07, BFH/NV 2009 S. 1914

Dieser Inhalt ist unter anderem im WohnungsWirtschafts Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?