Dr. Alexander Becker, Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Leitsatz
Hat ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid oder gegen eine Einspruchsentscheidung endgültig keinen Erfolg, ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes ausgesetzt war, zu verzinsen. Entsprechendes gilt, wenn ein Folgebescheid ausgesetzt wurde, weil der Grundlagenbescheid ausgesetzt worden ist (§ 237 Abs. 1 AO).
Sachverhalt
Das Finanzamt hat die Aussetzung der Vollziehung (AdV) eines Einkommensteuerbescheids (fehlerhaft) in einem größeren Umfang ausgesetzt als es der Streigegenstand hinsichtlich des Grundlagenbescheids erfordert hätte. Obwohl das Rechtsbehelfsverfahren gegen den Grundlagenbescheid in vollem Umfang Erfolg hatte, waren nach Abschluss des Verfahrens wegen der überhöhten AdV bei der Einkommensteuer Nachzahlungen zu leisten. Das Finanzamt stellte deswegen Aussetzungszinsen von rd. 375.000 EUR fest. Hiergegen wandte sich die Steuerpflichtige.
Der BFH entscheidet, dass die Festsetzung der Aussetzungszinsen zu Unrecht erfolgt ist, weil das Rechtsbehelfsverfahren gegen den Grundlagenbescheid in vollem Umfang Erfolg hatte. Der Wortlaut des § 237 AO sei insoweit eindeutig.
Die Frage, ob ein Rechtsbehelf Erfolg hatte, bemisst sich nach dem Verfahrensgegenstand und dem konkretisierten Rechtsbehelfsbegehren und ist unabhängig von der verfahrenstechnischen Erledigung. Endgültig keinen Erfolg gehabt hat der Rechtsbehelf, wenn er durch unanfechtbare Entscheidung abgewiesen, vom Steuerpflichtigen zurückgenommen oder eingeschränkt worden ist, wenn mithin das Finanzamt dem Begehren, den festgesetzten Steuerbetrag herabzusetzen, im Ergebnis nicht abhilft, gleich aus welchen Gründen.
Für die Beurteilung der endgültigen Erfolglosigkeit ist dementsprechend ausschließlich auf das Ergebnis des gegen den Grundlagenbescheid gerichteten Rechtsbehelfsverfahrens abzustellen. Da dies in vollem Umfang erfolgt hatte, ist der Tatbestand des § 237 AO nicht erfüllt.
Hinweis
Der BFH hat zwar mehrfach entschieden, dass die Zinsfestsetzung nicht von der Rechtmäßigkeit der AdV-Entscheidung, sondern von dem tatsächlich ausgesetzten Betrag abhängt. Diese Entscheidungen beziehen sich allerdings auf Konstellationen, in denen die jeweils eingelegten Rechtsbehelfe wenigstens teilweise ohne Erfolg geblieben waren.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 31.8.2011, X R 49/09.