Leitsatz

  1. Die Nutzung einer vor dem 1.1.1987 fremdvermieteten Wohnung zu eigenen Wohnzwecken oder für Wohnzwecke eines Altenteilers während des Zeitraums der Übergangsregelung führt nach § 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 2 EStG a.F. (jetzt: § 13 Abs. 4 Satz 6 Nr. 2 EStG) zu einer Zwangsentnahme dieser bis dahin dem gewillkürten Betriebsvermögen zuzuordnenden Wohnung.
  2. Das Entnahmeprivileg des § 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 2 EStG a.F. (jetzt: § 13 Abs. 4 Satz 6 Nr. 2 EStG) erfordert eine auf Dauer angelegte private Nutzung durch den Betriebsinhaber oder den Altenteiler. Die kurzzeitige Nutzung einer Wohnung des (gewillkürten) Betriebsvermögens durch den Altenteiler oder den Betriebsinhaber ist nicht geeignet, den betrieblichen Zusammenhang des Wirtschaftsguts zu lösen und endgültig notwendiges Privatvermögen zu begründen.
 

Sachverhalt

Ein Landwirt ermittelt seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG auf den 30.4. eines Jahres und streitet mit dem Finanzamt, ob ein Altenteilerhaus samt Grund und Boden aus dem Betriebsvermögen steuerfrei entnommen wurde. Im Jahre 1994 gehörte der ihm verpachtete Betrieb seiner Großmutter, die für seine Eltern auf dem Hofgrundstück ein Altenteilerhaus errichtet hatte, das allerdings nach dem Tod seines Vaters fremdvermietet wurde. Mit dem Tod der Großmutter ging der Hof auf die Mutter des Landwirts über, die in den Pachtvertrag eintrat und ihm den Betrieb zum 1.11.1994 gegen Einräumung eines lebenslänglichen, unentgeltlichen Wohnrechts am Altenteilerhaus und des Rechts, das Altenteilerhaus auch zu vermieten, übertrug. Die Mutter bezog das Altenteilerhaus am 1.12.1994 und vermietete es ab 1.7.1995 an fremde Dritte.

Im Abschluss auf den 30.4.1995 wies der Landwirt einen nach § 52 Abs. 15 EStG a.F. steuerfreien Entnahmegewinn für das Altenteilerhaus samt Grund und Boden aus und teilte dem Finanzamt mit, er habe das Altenteilerhaus am 10.8.1995 ausgebucht. In seiner Einkommensteuererklärung 1994 vom 25.7.1996 gab er an, das Altenteilerhaus mit Grund und Boden zum 31.12.1994 steuerfrei entnommen zu haben. Bei der Veranlagung für die Streitjahre 1995 und 1996 ging das Finanzamt von einer steuerpflichtigen Entnahme im Zeitpunkt der Entnahmebuchung aus. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des BFH hat das FG die Überlassung der Wohnung zu Wohnzwecken der Altenteilerin zum 1.12.1994 zu Unrecht als Maßnahme angesehen, die die Wohnung auch nach Abschaffung der Nutzungswertbesteuerung zum notwendigen Betriebsvermögen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs werden ließ. Ebenso unzutreffend ist die daran anknüpfende Annahme des FG, das Grundstück sei im Zeitpunkt der "Entnahmebuchung" entnommen worden.

Nach § 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 2 erster Halbsatz EStG a.F. konnten eine vor dem 1.1.1987 einem Dritten entgeltlich überlassene Wohnung und der dazugehörende Grund und Boden vor dem 1.1.1999 steuerfrei für eigene Wohnzwecke oder für Wohnzwecke eines Altenteilers entnommen werden. Als Entnahmehandlung führte die Überlassung der Wohnung an den Altenteiler dazu, dass die bisher zum gewillkürten Betriebsvermögen gehörende Wohnung unmittelbar notwendiges Privatvermögen des Überlassenden wurde[1], so dass eine Entnahme nicht erst mit der Buchung am 10.8.1995 angenommen werden kann.

 

Praxishinweis

Eine Zwangsentnahme zu Wohnzwecken des Altenteilers nach § 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 2 EStG a.F. fehlt allerdings, wenn die Wohnung – was hier aufgrund Zurückverweisung noch aufzuklären ist – nicht auf Dauer zu eigenen Wohnzwecken oder denen des Altenteilers genutzt werden soll[2]. Dann bleibt das Altenteilergrundstück weiterhin gewillkürtes Betriebsvermögen, es sei denn, die Altenteilsberechtigte wird wirtschaftliche Eigentümerin des Grundstücks. Eine eindeutige Entnahmehandlung dieses gewillkürten Betriebsvermögens kann nicht allein in einer Buchung gesehen werden, wenn diese nicht erkennbar vom Bewusstsein getragen ist, dass es als Folge dieser Maßnahme zu einer Versteuerung der stillen Reserven kommt[3]. Daran fehlt es, wenn wie im Streitfall lediglich die Rechtsfolge des § 52 Abs. 15 EStG a.F. in der Annahme umgesetzt werden soll, dass der Entnahmegewinn außer Ansatz bleibt.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 1.7.2004, IV R 10/03

[1] Vgl. Felsmann/Giere, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, Bonn 1986ff., A 173b
[3] Vgl. BFH-Urteil vom 23.11.1995, IV R 36/94, BFH/NV 1996, S. 398 zum vergleichbaren Fall einer Betriebsaufgabe

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