Leitsatz

Das Finanzamt ist nicht verpflichtet, eine aufgrund der gleich lautenden Ländererlasse über Steuererklärungsfristen (hier vom 2.1.1998, BStBl I 1998, S. 97) im vereinfachten Verfahren beantragte Fristverlängerung bis zum 28.2. des übernächsten, auf den Veranlagungszeitraum folgenden Jahres (ohne eigenes Ermessen) in jedem Fall auszusprechen.

 

Sachverhalt

Ein Steuerberater beantragte am 30.9.1998 beim Finanzamt, die Frist für die Abgabe der Steuererklärungen 1997 wegen Arbeitsüberlastung zu verlängern. Für die Steuerpflichtigen waren als Anlage Einzelanträge beigefügt, die – wie für Mandant A – jeweils die Bitte um stillschweigende Fristverlängerung bis 28.2.1999 enthielten, ohne Gründe anzugeben. Das Finanzamt lehnte den Antrag für A ab, da die Steuererklärung für 1996 noch nicht vorlag. Die Klage hiergegen blieb erfolglos. Zwischenzeitlich ist die Steuererklärung für 1997 beim Finanzamt eingegangen.

 

Entscheidung

Der BFH hielt die Revision für zulässig, obwohl sich der streitbefangene Verwaltungsakt – die Ablehnung der Fristverlängerung – inzwischen mit Einreichen der Steuererklärung erledigt hat. Der Antrag des A im Revisionsverfahren war als Fortsetzungsfeststellungsantrag auszulegen, der sich auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ablehnung der Fristverlängerung richtet. Allerdings ist dieser Antrag unbegründet. Die Entscheidung über einen Fristverlängerungsantrag ist eine Ermessensentscheidung, die das Gericht nur darauf überprüfen kann, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten worden sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist.

Nach § 109 Abs. 1 S. 1 AO kann die in § 149 Abs. 2 S. 1 AO festgelegte Frist, nach der Steuererklärungen, die sich auf ein Kalenderjahr beziehen, spätestens fünf Monate nach dessen Ablauf abzugeben sind, verlängert werden. Die danach für 1997 geltende Abgabefrist bis zum 31.5.1998 wurde für Steuerpflichtige, deren Steuererklärungen durch Angehörige der steuerberatenden Berufe angefertigt werden, allgemein bis zum 30.9.1998 verlängert[1]. Diese Abgabefrist können die Finanzämter in einem vereinfachten Verfahren bis spätestens zum 28.2.1999 verlängern. Hieraus ergibt sich nicht in jedem Fall ein Anspruch auf Fristverlängerung bis zum 28.2.1999. Durch die Formulierung "können … verlängern" wird auch die Verlängerung im vereinfachten Verfahren in das Ermessen des Finanzamts gestellt. Vor diesem Hintergrund konnte das Finanzamt ohne Ermessensfehler den Antrag des A auf Fristverlängerung mit dem Hinweis auf die noch ausstehende Erklärung des Vorjahres und die verspätete Abgabe von Steuererklärungen in früheren Jahren mangels ausreichender Begründung ablehnen. Es konnte unberücksichtigt lassen, dass A die Fristverlängerung mit einer Arbeitsüberlastung seines Steuerberaters begründet hatte. Solche allgemeinen Arbeitsüberlastungen sind bereits mit der generellen Fristverlängerung bis zum 30.9. des dem Veranlagungszeitraum folgenden Jahres "abgegolten" und nicht geeignet, weitere Fristverlängerungen, auch nicht im "vereinfachten Verfahren", zu rechtfertigen. Zum anderen ergibt sich aus dem pauschalen Hinweis auf eine zum Zeitpunkt des Fristverlängerungsantrags die Abgabe der Steuererklärungen für 1997 hindernde zeitweilige Arbeitsüberlastung nicht, aus welchen Gründen die Steuererklärungen für 1996 noch nicht abgegeben worden sind.

 

Praxishinweis

Die Entscheidung hat erhebliche praktische Bedeutung; denn an der Rechtslage bezüglich der Fristverlängerungen hat sich bis zum Veranlagungszeitraum 2004 nichts geändert. Der (beratene) Steuerpflichtige kann zwar regelmäßig eine Fristverlängerung erwarten, allerdings nur, wenn sowohl für den Zeitraum der allgemeinen Fristverlängerung als auch für den Zeitraum einer weiteren Verlängerung der Abgabefrist in einem vereinfachten Verfahren davon ausgegangen werden kann, dass die Erklärungen laufend fertig gestellt und unverzüglich eingereicht werden. Ab 2005 gelten dagegen neue Regeln[2].

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 21.2.2006, IX R 78/99

[1] Vgl. Gleich lautende Ländererlasse vom 2.1.1998, BStBl I 1998, S. 97

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