Leitsatz (amtlich)
Alleinstehende mit mehreren Kindern können nach § 33c EStG in der nach der Rechtsprechung des BVerfG für das Streitjahr 1996 fortgeltenden Fassung nur entweder die insgesamt entstandenen tatsächlichen Aufwendungen für die Kinderbetreuung im Rahmen eines einheitlichen Gesamthöchstbetrages nach § 33c Abs. 3 EStG oder - ohne einen konkreten Nachweis von Betreuungsaufwendungen - die Pauschbeträge nach § 33c Abs. 4 EStG steuermindernd geltend machen. Es ist nicht möglich, etwa für ein Kind den Abzug nach Abs. 3 und für das andere den Pauschbetrag nach Abs. 4 zu wählen.
Sachverhalt
Die alleinerziehende Klägerin ist als Altenpflegerin tätig. Im Streitjahr 1996 gehörten zwei Kinder zu ihrem Haushalt, die zu Beginn dieses Jahres das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten. Mit der ESt-Erklärung 1996 machte die Klägerin tatsächlich entstandene Kinderbetreuungskosten von 1 503 DM und zusätzlich den Pauschbetrag für Kinderbetreuung von 480 DM geltend. Das Finanzamt ließ die tatsächlich entstandenen Kinderbetreuungskosten gemäß § 33c Abs. 3 EStG zum Abzug zu. Den später gestellten Antrag, im Wege einer schlichten Änderung zusätzlich den Pauschbetrag zu berücksichtigen, lehnte das Finanzamt ab. Klage und Revision blieben erfolglos.
Entscheidungsgründe
Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt eines Alleinstehenden gehörenden unbeschränkt steuerpflichtigen Kindes, das nach § 32 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen ist und zu Beginn des Kalenderjahres das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, gelten als außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 EStG, soweit die Aufwendungen u.a. wegen Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen erwachsen sind. Nach § 33c Abs. 3 Satz 1 EStG darf der nach Abs. 1 abzuziehende Betrag bei Alleinstehenden mit einem Kind 4 000 DM im Kalenderjahr nicht übersteigen. Dieser Betrag erhöht sich für jedes weitere Kind um 2 000 DM. Gemäß Abs. 4 wird für Aufwendungen i.S. des Abs. 1 bei Alleinstehenden mit einem Kind mindestens ein Pauschbetrag von 480 DM im Kalenderjahr abgezogen. Der Pauschbetrag erhöht sich gemäß § 33c Abs. 4 Satz 2 EStG für jedes weitere Kind um 480 DM.
Wortlaut und Gesetzessystematik, Erwägungen der Praktikabilität sowie die Entstehungsgeschichte der Vorschrift sprechen für die vom FG vorgenommene Auslegung des § 33c Abs. 3 und 4 EStG. Danach räumt die Regelung einen einheitlichen kinderzahlabhängigen, nicht hingegen einen auf einzelne Kinder, also personenbezogenen Höchst- bzw. Pauschbetrag ein. Dementsprechend ist die wahlweise Inanspruchnahme von Höchstbetrag für ein Kind und Pauschbetrag für ein weiteres Kind ausgeschlossen. Der Gesetzeswortlaut ist nicht eindeutig und deshalb auslegungsbedürftig. § 33c Abs. 3 Satz 1 EStG nimmt auf den nach Abs. 1 abzuziehenden Betrag Bezug und begrenzt seine Abzugsfähigkeit. Bereits diese Bezugnahme legt die Auslegung nahe, die Aufwendungen für Kinderbetreuung nicht individuell für jedes Kind ermitteln zu müssen und einen Gesamtaufwand für mehrere Kinder dementsprechend nicht konkret einzelnen Kindern zuzuordnen. Für ein derartiges Gesetzesverständnis spricht ferner § 33c Abs. 3 Satz 1 EStG, wonach der Höchstbetrag nicht für das "erste" Kind von Alleinstehenden, sondern für Alleinstehende mit "einem" Kind zu gewähren ist. Kinder, die diese Voraussetzungen des Abs. 1 in § 33c EStG im maßgebenden Kalenderjahr nicht erfüllen, sind demnach bei der Ermittlung des Gesamthöchstbetrages nicht zu berücksichtigen. § 33c Abs. 3 Satz 2 EStG schreibt vor, dass der Grundhöchstbetrag nach Satz 1 für jedes weitere Kind um 2 000 DM erhöht wird. Aus dem Zusammenhang von Satz 1 und Satz 2 des Abs. 3 ergibt sich, dass der Grundhöchstbetrag und der Erhöhungshöchstbetrag nicht selbstständig nebeneinander stehende Beträge darstellen, sondern als Rechengrößen zusammengerechnet einen einheitlichen Höchstbetrag bilden.
Link zur Entscheidung
BFH vom 15.7.1999 - III R 51/98