Leitsatz (amtlich)
Ein Kindergeldanspruch besteht auch für den Monat, in dem das Kind von der Ausbildung in den Beruf wechselt, obwohl die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 oder 2 EStG in diesem Monat nur zeitweise vorgelegen haben und er deshalb zu den Kürzungsmonaten gehört (Fortentwicklung der Rechtsprechung im Urteil vom 2.3.2000, VI R 13/99, INF 2000, S. 446).
Sachverhalt
Die Tochter (T) der Klägerin vollendete im April 1996 ihr 18. Lebensjahr. T befand sich bis zum 19.12. des Streitjahres 1996 in Berufsausbildung. Ab 20.12.1996 wurde T vom Ausbildungsbetrieb als Angestellte übernommen. Bis einschließlich April 1996 bezog T Ausbildungsvergütungen von insgesamt 4 079 DM und für Mai bis November von 7 252 DM. Außerdem erhielt T im Juli 1996 Urlaubsgeld von 500 DM und im November 1996 Weihnachtsgeld von 729 DM. Auch für Dezember 1996 wurde ihr die Ausbildungsvergütung von 1 036 DM zunächst in voller Höhe ausgezahlt. Im Januar 1997 behielt der Arbeitgeber allerdings den für die Zeit nach Ausbildungsende überzahlten Betrag von 375 DM wieder ein; das T für diesen Zeitraum zustehende anteilige Arbeitsentgelt von 958 DM wurde im Februar 1997 ausgezahlt. Das beklagte Arbeitsamt (Familienkasse) ermittelte die Einnahmen von T für Mai bis Dezember 1996 mit 9 517 DM (8 x 1 036 DM zuzüglich 1 229 DM Sonderzuwendungen). Unter Berücksichtigung eines zeitanteiligen Arbeitnehmer-Pauschbetrages von 1 336 DM (richtig: 1 333 DM) ergaben sich nach Ansicht der Familienkasse anzurechnende Einkünfte und Bezüge von T von 8 181 DM. Den im Streitjahr für T nach § 32 Abs. 4 Satz 6 EStG maßgeblichen anteiligen Jahresgrenzbetrag für Mai bis Dezember 1996 ermittelte die Familienkasse mit 8 000 DM. Sie hob die Kindergeld-Festsetzung ab Mai 1996 auf. Das FG gab der dagegen erhobenen Klage statt. Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.
Entscheidungsgründe
Das FG hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Monate Januar bis einschließlich April 1996 gehören zu den Kürzungsmonaten i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 6 EStG, weil T ihr 18. Lebensjahr erst im April vollendete. Auch der Dezember 1996 gehört zu den Kürzungsmonaten, weil die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst, a EStG in diesem Monat wegen des Wechsels von der Ausbildung in den Beruf nicht an allen Tagen vorlagen. Aus diesem Grund ist der Jahresgrenzbetrag von 12 000 DM auf 7 000 DM für Mai bis November 1996 zu ermäßigen. Entsprechend gehen nach § 32 Abs. 4 Satz 7 EStG nur die auf diesen Jahresabschnitt entfallenden Einnahmen in die Berechnung ein. Dazu gehören zunächst die laufenden Lohnzahlungen (7 252 DM). Hinzu kommen die anteiligen sonstigen Bezüge. Bei dem im Juli 1996 gezahlten Urlaubsgeld und dem im November 1996 gezahlten Weihnachtsgeld handelt es sich um Sonderzuwendungen aus dem Berufsausbildungsverhältnis, weil sie im Jahresabschnitt der Berufsausbildung zugeflossen sind. Als solche sind sie in voller Höhe allen Monaten der Berufsausbildung (Januar bis November 1996) zuzuordnen. Da die Monate Januar bis April zwar zum Jahresabschnitt der Berufsausbildung gehören, aber gleichwohl Kürzungsmonate sind, entfallen von den Sonderzuwendungen nur 782 DM (7/11 von 1 229 DM) auf Mai bis November. Die anzurechnenden Einnahmen belaufen sich deshalb insgesamt auf 8 034 DM. Dieser Betrag ist um den auf die Ausbildungsmonate entfallenden zeitanteiligen Arbeitnehmer-Pauschbetrag (hier: 1 166 DM) zu kürzen, wenn keine höheren Werbungskosten geltend gemacht werden. Die danach verbleibenden Einkünfte überschreiten den anteiligen Jahresgrenzbetrag von 7 000 DM nicht.
Das Kindergeld für Dezember 1996 steht der Klägerin ebenfalls zu, auch wenn der Dezember zu den Kürzungsmonaten i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 6 EStG gehört. Ein Kindergeldanspruch besteht auch für den Monat der Eheschließung eines Kindes, obwohl die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 oder 2 EStG in diesem Monat nur zeitweise vorgelegen haben und er deshalb zu den Kürzungsmonaten gehört. Dies gilt entsprechend, wenn die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 oder 2 EStG deshalb nicht an allen Tagen eines Monats vorgelegen haben, weil das Kind im Laufe des Monats von der Ausbildung in den Beruf übergewechselt ist.
Link zur Entscheidung
BFH vom 12.4.2000- VI R 135/99