Prof. Dr. Edeltraud Günther, Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Leitsatz
Kann erstattete Kirchensteuer nicht mit im Erstattungsjahr gezahlter Kirchensteuer verrechnet werden, berechtigt der Erstattungsüberhang zur Änderung des Jahrs der Zahlung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.
Sachverhalt
Kirchensteuerzahlungen sind im Zahlungsjahr als Sonderausgaben abziehbar (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG), Erstattungsbeträge mindern dagegen im Jahr der Zahlung den abziehbaren Betrag. Sind im Jahr der Erstattung jedoch keine gleichartigen Kirchensteuern angefallen oder ergibt sich nach Verrechnung der gezahlten mit den erstatteten Beträgen ein sog. Erstattungsüberhang, fehlt es insoweit an einer endgültigen wirtschaftlichen Belastung des Steuerpflichtigen mit der Folge, das der Steuerbescheid des Zahlungsjahrs wegen des insoweit eingetretenen rückwirkenden Ereignisses zu ändern ist.
Im Urteilsfall war dem Steuerpflichtigen, obwohl er bereits in 1999 aus der Kirche ausgetreten war, für 2000 Kirchenlohnsteuer einbehalten worden, die bei der Veranlagung 2000 als Sonderausgaben abgezogen wurde. Aufgrund der für 2000 nicht mehr bestehenden Kirchensteuerpflicht ergab sich aus der 2001 durchgeführten Veranlagung für 2000 ein Kirchensteuererstattungsüberhang, der auch nicht bei der Veranlagung 2001 kompensierend berücksichtigt werden konnte. Daraufhin änderte das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid 2000, indem es den Erstattungsüberhang von den als Sonderausgaben berücksichtigten Kirchensteuerzahlungen abzog. Unmaßgeblich war, dass im Jahr der Zahlung zu keinem Zeitpunkt eine Kirchensteuerpflicht bestanden hatte und die Kirchensteuer somit ohne Rechtsgrund vom Arbeitgeber eingehalten worden war. Denn für die Änderungsberechtigung ist allein entscheidend, dass sich später herausstellt, dass keine saldierungsfähigen Sonderausgaben vorliegen.
Hinweis
Die spätere Erstattung zuviel einbehaltener Kirchenlohnsteuer ist also immer dann als rückwirkendes Ereignis anzusehen, wenn nach Ablauf des Erstattungsjahres feststeht, dass erstattete Sonderausgaben nicht oder nicht in vollem Umfang mit Sonderausgaben des Erstattungsjahres verrechnet werden können.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 2.9.2008, X R 46/07.