Leitsatz
- Aus einer jahrelangen Übung zusammenveranlagter Eheleute, wonach die von beiden geschuldeten Einkommensteuern stets allein von demselben Ehegatten gezahlt wurden, ist auf den beiderseitigen Willen zu schließen (konkludentes Verhalten), von einem Ausgleich nach § 426 Abs. 1 BGB abzusehen.
- Wer diesem Schluss nach dem Tod eines oder beider Ehegatten widerspricht, hat die zur Begründung seiner Einwendungen vorgetragenen Tatsachen zu beweisen.
Sachverhalt
A ist Alleinerbe seiner verstorbenen Ehefrau. Die Eheleute wurden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die festgesetzten Steuern wurden jeweils allein von Agezahlt. Mit seiner Erbschaftsteuererklärung machte er geltend, bei einer Aufteilung der insgesamt gezahlten Steuern im Verhältnis der von beiden Eheleuten erzielten Einkünfte wäre auf seine Ehefrau eine Summe von 504 400 DM entfallen, die als Nachlassverbindlichkeit zu behandeln sei. Das Finanzamt setzte die Erbschaftsteuer ohne Berücksichtigung dieses Betrages fest. Einspruch, Klage und Revision blieben erfolglos.
Entscheidung
Der Abzug einer vom Erblasser herrührenden Schuld gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG setzt deren rechtliches Bestehen voraus. Daran fehlt es im Streitfall. Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, sind zwar gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 AO Gesamtschuldner der festgesetzten Steuern. Erfüllt ein Ehegatte die Schuld vollen Umfangs, hat er gemäß § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB gegen den anderen einen Ausgleichsanspruch in Höhe der Hälfte des Schuldbetrages; dies gilt aber nur, "soweit nicht etwas anderes bestimmt ist". Zu einer abweichenden Bestimmung kann es auch auf Grund konkludenten Verhaltens kommen. Nach der Rechtsprechung des BGH ist aus der ständigen Übung der Eheleute, wonach stets der eine Ehegatte die im Wege der Zusammenveranlagung festgesetzte Steuer zahlt, der Schluss zu ziehen, dass er die Steuer auch im Innenverhältnis allein tragen soll. Zwar entspricht es dann, wenn beide Ehegatten Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit erzielen, den ehelichen Lebensverhältnissen mehr, dass beide im Verhältnis ihrer jeweiligen Einkommen die Gesamtschulden tragen; verfahren sie aber gleichwohl anders, lässt diese Handhabung auch unter selbständig tätigen Eheleuten den Schluss zu, dass sie auf einen internen Ausgleich verzichten.
Praxishinweis
Der Schluss aus der jahrelangen Übung der Eheleute wäre nur dann nicht gerechtfertigt, wenn A eine anderslautende Vereinbarung mit seiner Ehefrau nachgewiesen hätte, wonach bezüglich der gemeinsamgeschuldeten, aber von ihm gezahlten Steuern ein interner Ausgleich habe erfolgen sollen. Es empfiehlt sich deshalb, schon rechtzeitig für ausreichende Rechtsklarheit zu sorgen und möglichst schriftliche Vereinbarungen über eine Ausgleichspflicht zu treffen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 15.01.2003, II R 23/01