Leitsatz
Kosten für die Aufhebung und Auseinandersetzung einer früher vereinbarten Gütergemeinschaft sind unabhängig davon, ob sie auf Antrag der Eheleute im Scheidungsverbund durch das Familiengericht oder außergerichtlich vor oder nach der Scheidung getroffen worden sind, für die Eheleute nicht unabwendbar und unvermeidbar und damit nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.
Die auf einen Teilvergleich im Rahmen des Scheidungsverfahrens entfallenden Kosten einer Vermögensauseinandersetzung sind nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.
Sachverhalt
Im Fall III R 36/03 hatten die Eheleute 1995 einen notariellen Ehevertrag geschlossen, mit dem sie die Gütergemeinschaft auseinander setzten. Für Beurkundung und Beratung wandten sie rund 42000 DM auf. Die Ehe wurde im Folgejahr geschieden. Das Finanzamt berücksichtigte die Kosten nicht.
Im Fall III R 27/04 einigten sich die Eheleute während des Scheidungsverfahrens in einem Teilvergleich vor dem Amtsgericht darauf, dass der Ehemann u.a. eine ihm gehörende Eigentumswohnung auf seine Ehefrau und diese ihren Miteigentumsanteil an dem gemeinsamen Einfamilienhaus auf den Ehemann überträgt. Die Scheidungskosten – Anwalts-, Gerichts- und Gutachterkosten – betrugen insgesamt rund 57000 DM. Hiervon erkannte das Finanzamt nur (geschätzte) 12000 DM als außergewöhnliche Belastung an. Die darüber hinaus gehenden Kosten sah es – wie das Finanzamt im ersten Fall – nicht als Kosten der Scheidung, sondern als solche der Vermögensauseinandersetzung an, obwohl sie für einen Vergleich im Scheidungsverfahren angefallen waren.
Entscheidungen
Der BFH lehnte in beiden Fällen den Abzug der Kosten der Vermögensauseinandersetzung ab. Mit der Ehescheidung zusammenhängende Kosten sind nur insoweit als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, als sie unmittelbar und unvermeidbar durch die prozessuale Durchführung des Scheidungsverfahrens entstanden sind. Deshalb sind Aufwendungen für die außergerichtliche vermögensrechtliche Auseinandersetzung nicht abziehbar.
Dasselbe gilt für Folgekosten eines Scheidungsprozesses, sofern es sich nicht um eine Scheidungsfolgesache handelt, die zwingend zusammen mit der Scheidung zu verhandeln und zu entscheiden ist (sog. Zwangsverbund). Aufwendungen für Scheidungsfolgesachen, die nicht notwendig, sondern nur auf Antrag zusammen mit der Scheidungssache verhandelt werden (sog. Verbund), können auch ohne Mitwirkung des Familiengerichts geregelt werden. Sie stehen zur Disposition der Eheleute. Werden sie gleichwohl auf Antrag eines Ehepartners mit der Scheidungssache verbunden und zusammen entschieden, sind die dafür entstehenden Aufwendungen nicht unvermeidbar und deshalb nicht zwangsläufig.
Praxishinweis
Seit 1.7.1998 fällt nur noch der Versorgungsausgleich von Rentenanwartschaften nach § 1587b BGB in den Zwangsverbund. Für alle übrigen mit der Scheidung verbundenen Folgesachen fehlt es daher an der Zwangsläufigkeit. Der BFH weicht damit von der großzügigeren Verwaltungsansicht ab, wonach sowohl unmittelbare Kosten des Scheidungsprozesses als auch Kosten für Scheidungsfolgeregelungen, z.B. der güterrechtlichen Verhältnisse, anzuerkennen sind. Laut BMF wird die Verwaltungsregelung dahin angepasst, dass Scheidungsfolgekosten nur insoweit zwangsläufig sind, als sie sich aus dem Zwangsverbund ergeben.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 30.6.2005, III R 36/03