Leitsatz (amtlich)

Lässt eine Tochtergesellschaft der Treuhandanstalt ein Gutachten zur Ermittlung ihres Unternehmenswerts erstellen, um auf diese Weise ihre eigene Veräußerung durch die Treuhandanstalt vorzubereiten, so stellt die Übernahme der Gutachterkosten durch die Tochtergesellschaft eine vGA an die Treuhandanstalt dar.

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH, die aus einem volkseigenen Betrieb hervorgegangen ist. Ihre alleinige Anteilseignerin war im Streitjahr 1991 die Treuhandanstalt. Diese hat die Anteile an der Klägerin 1992 an einen Dritten veräußert. Im September 1991 erstellte eine WP-Gesellschaft ein Gutachten über den Unternehmenswert der Klägerin zum 30.6.1991. Dieses Gutachten war von der Klägerin in Auftrag gegeben worden und sollte "als Grundlage für einen evtl. Verkauf der Gesellschaft dienen". Die Kosten des Gutachtens trug die Klägerin. Das Finanzamt behandelte die Zahlung des Honorars als verdeckte Gewinnausschüttung an die Treuhandanstalt. Die Klage hatte Erfolg[1]. Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab.

 

Entscheidungsgründe

Nach gefestigter Rechtsprechung des Senats ist eine verdeckte Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG u.a. dann gegeben, wenn eine Kapitalgesellschaft Kosten trägt, die durch eine Maßnahme im Interesse ihres Gesellschafters ausgelöst worden sind[2]. Zu den Aufwendungen, die in diesem Sinne für die Gesellschafter übernommen werden, gehören auch diejenigen für ein Gutachten zur Feststellung des Unternehmenswerts. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Bewertung dem Ziel dient, einen ins Auge gefassten Verkauf der Gesellschaftsanteile vorzubereiten. So liegen die Dinge im Streitfall. Nach den Feststellungen des FG diente die Einholung des Wertgutachtens - entweder ausschließlich oder doch zumindest in erster Linie - der Ermittlung des angemessenen Verkaufspreises für die Anteile an der Klägerin. Die Klägerin kann insbesondere nicht mit ihrem Hinweis durchdringen, dass die Begutachtung zugleich dazu gedient habe, ihre Bilanzansätze zu überprüfen. Selbst wenn dies ein zusätzlich angestrebter Effekt gewesen sein mag, waren sowohl das vorrangige Ziel der Auftragserteilung als auch der zentrale Inhalt des Gutachtens nicht die Bewertung einzelner Wirtschaftsgüter, sondern die Bewertung des Unternehmens im Ganzen. Auslöser hierfür war unstreitig die Verkaufsüberlegung der Treuhandanstalt, durch die etwa vorhandene weitere Erwägungen jedenfalls überlagert und zurückgedrängt wurden.

Eine abweichende Beurteilung ergibt sich nicht daraus, dass die Treuhandanstalt den öffentlich-rechtlichen Auftrag hatte, die ihr zugeordneten Unternehmen zu privatisieren und zu diesem Zweck die Geschäftsanteile möglichst zu Marktbedingungen zu veräußern. Für die Beurteilung des Streitfalls unerheblich ist ferner, dass nach dem Staatsvertrag vom 18.5.1990[3] die Erlöse aus der Privatisierung vorrangig für die Strukturanpassung der ostdeutschen Wirtschaft eingesetzt werden sollten. Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin schließlich darauf, dass der Gesetzgeber 1994 u.a. die Regelung in § 4 Abs. 3 des D-Markbilanzgesetzes ergänzt hat[4], um der Treuhandanstalt die Erfüllung ihrer Aufgaben zu erleichtern.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 17.5.2000 - I R 79/99

[1] Vgl. FG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 6.5.1999, 2 K 72/98, EFG 1999, S. 1201
[2] Vgl. z.B. BFH-Urteil vom 11.2.1997, I R 42/96, BFH/NV 1997, S. 711 betr. Gründungsaufwand
[3] BGBlII1990, S. 537
[4] Vgl. Gesetz zur Änderung des D-Markbilanzgesetzes und anderer handelsrechtlicher Bestimmungen vom 25.7.1994, BGBl I1994, S. 1682, BStBl I1994, S. 544

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