Leitsatz
Die Einbeziehung des Krankengelds, das ein freiwillig in einer gesetzlichen Krankenkasse versicherter Steuerpflichtiger erhält, in den Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG ist verfassungsgemäß.
Sachverhalt
Der verstorbene Ehemann der K hatte sich als Selbstständiger bei einer gesetzlichen Krankenkasse freiwillig versichert. Das von ihm bezogene Krankengeld unterwarf das Finanzamt dem Progressionsvorbehalt.
K war der Auffassung, der Progressionsvorbehalt gelte für das Krankengeld eines freiwillig Versicherten nicht, konnte damit jedoch weder Finanzamt noch das FG überzeugen.
Entscheidung
Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück.
Kommentar
Nach § 32b Abs. 1 Nr. 1 EStG werden bestimmte Lohn- und Einkommensersatzleistungen dem Progressionsvorbehalt unterworfen. Hierzu gehört auch das laut SGB V von einer gesetzlichen Krankenkasse ausgezahlte, nicht aber das von einer privaten Krankenversicherung gewährte Krankengeld.
Die Vorschrift enthält keine Einschränkung hinsichtlich des von einer Krankenkasse gezahlten Krankengelds, dass der Berechtigte pflichtversichert sein muss. Für eine entsprechende teleologische Reduktion der Vorschrift besteht keine Notwendigkeit, denn
- für die Annahme einer privaten Krankenversicherung "unter dem Dach der Sozialversicherung" gibt es keine gesetzlichen Anhaltspunkte, da die Voraussetzungen für eine freiwillige Mitgliedschaft als auch deren Rechtsfolgen umfassend geregelt sind;
- es kommt nicht auf die fehlende Schutzbedürftigkeit des Versicherten und damit auf die fehlende Anwendbarkeit der Schutzvorschriften des SGB V, sondern nur auf die Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenkasse an;
- es liegt kein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz vor, da der Gesetzgeber einen Gestaltungsspielraum bei der Auswahl des Steuergegenstands hat, bestimmte Leistungen, die steuerpflichtige Einkünfte ersetzen und zunächst als steuerfrei behandelt werden, in den Progressionsvorbehalt einzubeziehen;
- der Gesetzgeber darf bei der Einbeziehung des Krankengelds von einer gesetzlichen Krankenkasse und einer privaten Krankenversicherung in den Progressionsvorbehalt differenzieren, weil sich die gesetzliche von der privaten Krankenversicherung in wesentlichen Grundstrukturen unterscheidet;
- die Administrierbarkeit, Kontrollierbarkeit und Gewährleistung eines gleichmäßigen Gesetzesvollzugs rechtfertigen es, nur solche Ersatzleistungen in den Progressionsvorbehalt einzubeziehen, die von einer überschaubaren Gruppe von öffentlich-rechtlichen Trägern von Sozialleistungen erbracht werden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 26.11.2008, X R 53/06.