Zusammenfassung
Der Verlust der Mitgliedschaft in der eG führt nicht automatisch dazu, dass das mietrechtlich notwendige berechtigte Interesse zur Kündigung eines Dauernutzungsvertrags durch die Genossenschaft gegeben ist. Nach dem Urteil des BGH ist aber grundsätzlich eine Voraussetzung dafür erfüllt, wenn ein Mitglied freiwillig aus der Genossenschaft ausgeschieden oder ausgeschlossen worden ist.
1 Sachverhalt
Ein Mitglied einer Wohnungsgenossenschaft bewohnte aufgrund eines Dauernutzungsvertrags eine Wohnung der eG und war Mitglied der Vertreterversammlung. Im Zusammenhang mit umfangreichen Modernisierungsmaßnahmen der eG hatte das Mitglied in seiner Eigenschaft als Vertreter wiederholt schwere Vorwürfe gegen den Vorstand der eG erhoben. Die Auseinandersetzungen und Zerwürfnisse zwischen den Parteien führten schließlich zum rechtskräftigen Ausschluss des Mitglieds aus der eG. Die Genossenschaft kündigte zudem dem nun ehemaligen Mitglied und Vertreter den Dauernutzungsvertrag.
2 Urteilsgründe
Der BGH hat bestätigt, dass die eG im vorliegenden Fall berechtigt war, den Dauernutzungsvertrag zu kündigen.
Eine Wohnungsgenossenschaft hat nach dieser Entscheidung ein berechtigtes Interesse an der Beendigung eines Dauernutzungsvertrags, wenn der Wohnungsnutzer wegen genossenschaftswidrigen Verhaltens aus der eG ausgeschlossen worden ist und seine Wohnung für ein anderes Mitglied benötigt wird.
Bei dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Dauernutzungsvertrag handelt es sich nach der Urteilsbegründung um einen Mietvertrag i.S.d. Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Eine Beendigung eines Dauernutzungsvertrags durch die eG setzt daher ein berechtigtes Interesse gemäß § 573 Abs. 1 BGB voraus (im vorliegenden Fall noch nach altem Recht gem. § 564b Abs. 1 BGB a. F.).
Das Gericht hat weiter ausdrücklich betont, dass bei der Würdigung des Kündigungsinteresses der Genossenschaft der besondere Charakter des genossenschaftlichen Mietverhältnisses nicht unberücksichtigt bleiben kann. Dieser zeichne sich aus durch die körperschaftliche Bindung zwischen den eG und ihren Mitgliedern, dem gemeinsamen satzungsrechtlichen wirtschaftlichen Zweck des Zusammenschlusses (vgl. § 1 GenG) sowie der sich daraus ergebenden beiderseitigen Treuepflichten. Aufgrund einer Regelung des Dauernutzungsvertrags war das Recht der Nutzung einer Genossenschaftswohnung an die Mitgliedschaft bei der eG gebunden. Die Mitgliedschaft bei einer Wohnungsgenossenschaft sei in erster Linie auf die Versorgung mit preisgünstigem Wohnraum gerichtet. Das vertragstreue Mitglied ist daher nach den Ausführungen des BGH vor einer Kündigung durch die eG wegen anderweitigen Bedarfs hinsichtlich seiner Wohnung weitestgehend geschützt: Ein Eigenbedarf i.S.d. § 564b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB a. F. (jetzt: § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) sei begrifflich ausgeschlossen und ein vorrangiger Wohnbedarf anderer Mitglieder in der Regel nicht anzuerkennen.
Aufgrund der an die Mitgliedschaft in der eG gebundenen Rechtsstellung ist es nach Ansicht des Gerichts daher gerechtfertigt, das Erlöschen der Mitgliedschaft durch freiwilligen Austritt oder durch Ausschluss aus der eG (§ 68 GenG) grundsätzlich als eine Voraussetzung für die Geltendmachung eines berechtigten Interesses an der Beendigung des Dauernutzungsvertrags anzuerkennen. In diesen Fällen entfalle die Rechtfertigung für die bevorzugte Berücksichtigung bei der Versorgung mit preisgünstigem Wohnraum gegenüber Außenstehenden. Das Gericht hat aber ausdrücklich offengelassen, ob ein berechtigtes Interesse der eG an der Kündigung eines Dauernutzungsvertrags auch vorliegt, wenn die Mitgliedschaft durch Tod endet und Nichtmitglieder die Genossenschaftswohnung mit genutzt haben oder durch Gläubigerkündigung (§ 66 GenG) erfolgt (s. dazu aber den Beitrag "Kündigung der Mitgliedschaft durch den Treuhänder").
Der BGH hat noch ausgeführt, dass die Fortsetzung eines Dauernutzungsvertrags mit einem Nichtmitglied regelmäßig zur satzungswidrigen Benachteiligung eines Mitglieds führe, das noch keine oder nur eine unangemessene Wohnung bewohne und sich für eine vergleichbare Wohnung beworben habe. Wenn in solchen Fällen die eG die Fortsetzung des Dauernutzungsverhältnisses dulden müsse und gehindert sei, die betreffende Wohnung anderweitig zu vermieten, führe dies im Ergebnis zu einer Verletzung der gegenüber jedem Mitglied bestehenden Treuepflicht und der Pflicht zur Wohnraumversorgung nach der Satzung.
Das Gericht hat in seiner Urteilsbegründung auch darauf hingewiesen, dass ein Genossenschaftsmitglied vor unberechtigten Ausschlüssen aus der eG hinreichend geschützt ist. Der Verlust der Mitgliedschaft gegen dessen Willen ist danach an strenge Voraussetzungen (z. B. ein genossenschaftswidriges Verhalten) geknüpft. Vor dem Ausspruch bedürfe es ferner einer Abmahnung. Das Ausschlussverfahren sehe regelmäßig ein Anhörungsrecht des Mitglieds und eine Beschwerdemöglichkeit vor und zudem stehe dem Mitglied die zivilrechtliche Klage zur Verfügung.
Der BGH hat abschließend u. a. noch ausgeführt, dass aus seiner Sicht ...