Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
- Erhält ein Arbeitnehmer Leistungen aus einer durch Beiträge seines Arbeitgebers finanzierten Gruppenunfallversicherung, die ihm keinen eigenen unentziehbaren Rechtsanspruch einräumt, so führen im Zeitpunkt der Leistung die bis dahin entrichteten, auf den Versicherungsschutz des Arbeitnehmers entfallenden Beiträge zu Arbeitslohn, begrenzt auf die dem Arbeitnehmer ausgezahlte Versicherungsleistung.
- Der auf das Risiko beruflicher Unfälle entfallende Anteil der Beiträge führt als Werbungskostenersatz auch zu Werbungskosten des Arbeitnehmers, mit denen der entsprechende steuerpflichtige Arbeitslohn zu saldieren ist.
- Regelmäßig kann davon ausgegangen werden, dass die Beiträge jeweils hälftig auf das Risiko privater und beruflicher Unfälle entfallen.
Sachverhalt
K war als Arbeitnehmer tätig. Der Arbeitgeber hatte als Versicherungsnehmer eine Gruppenunfallversicherung abgeschlossen, die private und berufliche Unfälle der Arbeitnehmer abdeckte. Die Ausübung der Rechte aus dem Vertrag stand allein dem Arbeitgeber zu. Die Beiträge wurden nicht lohnversteuert. K erlitt im Juni 1995 bei einer Reise einen Unfall. Der Versicherer erkannte eine unfallbedingte Beeinträchtigung an und zahlte auf Veranlassung des Arbeitgebers entsprechend dem Invaliditätsgrad 300.000 DM an K. Finanzamt und FG sahen darin steuerpflichtigen Arbeitslohn.
Entscheidung
Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache zurück, weil Feststellungen zu treffen sind, in welcher Höhe der Arbeitgeber Prämien für den Versicherungsschutz des K bis zum Zeitpunkt der Auskehrung der Versicherungssumme geleistet hat und inwieweit sie auf das Risiko privater Unfälle entfallen.
Hinweis
Das Urteil beantwortet die Frage, wie eine vom Arbeitgeber zugunsten der Arbeitnehmer abgeschlossene Gruppenunfallversicherung lohnsteuerlich zu erfassen ist. Die Grundaussagen lauten:
Die Versicherungsleistung führt nicht zu Arbeitslohn, da sie nicht für eine Beschäftigung, sondern als Ausgleich für die Minderung der Leistungsfähigkeit erbracht wird.
Arbeitslohn sind die vom Arbeitgeber zur Finanzierung des Versicherungsschutzes des Arbeitnehmers bis zur Auszahlung der Versicherungsleistung gezahlten Beiträge. Der Arbeitslohn ist erst dann anzusetzen, wenn der Arbeitnehmer über die Beitragsleistung wirtschaftlich verfügen kann, mangels eigenem Rechtsanspruch somit erst bei Eintritt des Versicherungsfalls und Erlangung der Versicherungsleistung.
Der Arbeitslohn (Summe der Beiträge) ist der Höhe nach auf die ausgezahlte Versicherungsleistung begrenzt. Denn die wirtschaftliche Verfügungsmacht des Arbeitnehmers umfasst nicht mehr als die an ihn ausgekehrte Versicherungsleistung.
Soweit die arbeitgeberseitig geleisteten Unfallversicherungsbeiträge das Risiko beruflicher Unfälle erfassen, sind sie Werbungskostenersatz. Werden keine anderen Maßstäbe vorgebracht, kann der Versicherungsbeitrag hälftig aufgeteilt werden.
Link zur Entscheidung
BFH, 11.12.2008, VI R 9/05