Leitsatz

  1. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG 1993 setzt nicht voraus, dass der Unternehmer Umsätze gegenüber einem Patienten als Leistungsempfänger erbringt und mit ihm oder seiner Krankenkasse hierüber abrechnet.
  2. Nach § 4 Nr. 14 UStG 1993 steuerfreie Leistungen kommen auch dann in Betracht, wenn eine Rehabilitationseinrichtung auf Grund eines Versorgungsvertrags gemäß § 11 Abs. 2, §§ 40, 111 SGB V mit Hilfe von Fachkräften Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erbringt. In diesem Fall sind regelmäßig sowohl die Leistungen der Rehabilitationseinrichtung als auch die Leistungen der Fachkräfte an die Rehabilitationseinrichtung steuerfrei, soweit sie die in dem Versorgungsvertrag benannte Qualifikation haben.
 

Sachverhalt

Ein Diplom-Sportlehrer war in den Streitjahren 1996 bis 1998 als sporttherapeutischer freier Mitarbeiter für ein ambulantes Reha-Zentrum tätig. Ihm oblagen die Trainingsplanung, -durchführung, -steuerung und -kontrolle sowie das Führen der Nachweise messbarer quantitativer und qualitativer Fortschritte für die Belastbarkeit. Das Reha-Zentrum erbrachte u.a. mit seiner Hilfe Leistungen an Patienten und rechnete darüber mit Krankenkassen ab.

Das Finanzamt behandelte die Umsätze aus der Tätigkeit als freier Mitarbeiter – entgegen der Steuererklärung – nicht als gemäß § 4 Nr. 14 UStG 1993 steuerbefreit, sondern als umsatzsteuerpflichtig. Nach erfolgloser Klage legte der Therapeut Revision ein.

 

Entscheidung

Die Revision hatte Erfolg; sie führte zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Die Anwendung des § 4 Nr. 14 UStG 1993 durfte nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der Therapeut habe seine Leistungen nicht gegenüber einer Krankenkasse abgerechnet. Nach dem BFH-Beschluss vom 12.10.2004[1] steht der Steuerbefreiung für die Umsätze des Therapeuten nicht entgegen, dass er sie als Subunternehmer eines Reha-Zentrums ausgeführt und nicht selbst mit Patienten oder deren Krankenkasse abgerechnet hat. Ob und in welchem Umfang aber arztähnliche Leistungen erbracht wurden, also Tätigkeiten, die zum Zweck der Diagnose, der Behandlung und der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen für bestimmte Patienten ausgeführt werden, wurde nicht festgestellt. Dies muss das FG ebenso nachholen wie Feststellungen zum erforderlichen beruflichen Befähigungsnachweis des Therapeuten. Dazu verwies der BFH auf die neuere Rechtsprechung und die zusätzliche Möglichkeit, aufgrund eines sog. Versorgungsvertrags gem. § 11 Abs. 2, §§ 40, 111 SGB V als qualifiziert zu gelten.

 

Praxishinweis

Die Möglichkeit, arztähnliche Leistungen im Rahmen sog. Heilhilfsberufe auch selbständig – als "Subunternehmer" – z.B. eines Arztes steuerfrei nach § 4 Nr. 14 UStG auszuüben, wurde durch die Besprechungsentscheidung bestätigt. Der auf diese Weise Leistende muss seine Leistungen nicht gegenüber der Krankenkasse abrechnen, es schadet der Befreiung nicht, wenn er sie dem Auftraggeber – hier: dem Reha-Zentrum – in Rechnung stellt.

Dem weiteren Einwand der Finanzverwaltung in solchen Verfahren, es werde keine heilberufliche Tätigkeit ausgeübt, weil derartige Leistungen auch in jedem allgemeinen Sport- und Fitnessstudio angeboten würden, also dem sog. Wellness-Bereich zuzuordnen seien, ist mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Die Grenzziehung zur Heilbehandlung ist bisweilen schwammig. Gegebenenfalls reichen auch ärztliche Verschreibungen solcher Wellness-Leistungen nicht aus; deren Abrechenbarkeit bei den Versicherungen ist zu beachten.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 25.11.2004, V R 44/02

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