Leitsätze (amtlich)

  1. Der steuerrechtlich maßgebliche Zeitpunkt für den fiktiven Vermögensübergang nach § 2 Abs. 1 UmwStG 1977 kann nicht durch die an den Umwandlungsvorgängen beteiligten Körperschaften bestimmt werden.
  2. Aus der Formulierung "mit Ablauf des Stichtags der Bilanz" in § 2 Abs. 1 UmwStG 1977 ergibt sich, dass der (fiktive) Vermögensübergang am Ende des maßgeblichen Stichtages erfolgen soll, auf den die Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers aufgestellt ist.
 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, ist aufgrund Verschmelzungsvertrages vom 9.9.1987 die Rechtsnachfolgerin der GmbH 1 geworden. Letztere hatte durch Verschmelzungsvertrag ebenfalls vom 9.9.1987 nach § 19Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KapErhGdie GmbH 2 aufgenommen. Beiden Vermögensübertragungen lagen die jeweiligen Schlussbilanzen der übertragenden Gesellschaften zum 31.5.1987 zugrunde. Nach den Verschmelzungsverträgen sollte der Vermögensübergang jeweils mit Rückwirkung vom "31.5.1987, 24.00 Uhr/1.6.1987, 0.00 Uhr" erfolgen. Die Rechtsänderungen wurden im Oktober 1987 ins Handelsregister eingetragen. Für die drei Gesellschaften galt ein abweichendes Wirtschaftsjahr, das jeweils zum 31.5. endete. Die Klägerin hatte den Antrag nach § 106 Abs. 3 Satz 1 BewG vor 1998 erstmals für das Jahr 1984 gestellt. In ihrer Vermögensaufstellung auf den 1.1.1988 meinte die Klägerin, dass das Vermögen der GmbH 1 und der GmbH 2 für diesen Stichtag nicht zu berücksichtigen sei, weil der Übergang des Vermögens erst nach dem maßgeblichen Bilanzstichtag (31.5.1987) stattgefunden habe. Das Finanzamt folgte dem nicht, sondern stellte den Einheitswert des Betriebsvermögens der Klägerin zum 1.1.1988 unter Einbeziehung des Betriebsvermögens der infolge der Verschmelzungsvorgänge untergegangenen Gesellschaften fest. Die Klage hatte Erfolg[1]. Die Revision des Finanzamts führte zur Klageabweisung.

 

Entscheidungsgründe

Nach § 2 Abs. 1 UmwStG 1977 ist das Vermögen der übertragenden Körperschaft sowie der Übernehmerin so zu ermitteln, als ob das Vermögen der Körperschaft mit Ablauf des Stichtages der Bilanz, die dem Vermögensübergang zugrunde liegt (steuerrechtlicher Übertragungsstichtag), auf die Übernehmerin übergegangen wäre. Es handelt sich bei dieser Vorschrift um eine gesetzliche Fiktion, nach der unabhängig von dem Zeitpunkt des zivilrechtlichen Vermögensübergangs auf den übernehmenden Rechtsträger (Zeitpunkt der Eintragung der Rechtsänderung in das Handelsregister) grundsätzlich der Stichtag der der Umwandlung zugrunde liegenden Bilanz der steuerlich maßgebende Übertragungsstichtag sein soll. Entgegen der Auffassung des FG kann der steuerrechtlich maßgebliche Zeitpunkt für den fiktiven Vermögensübergang nach § 2 Abs. 1 UmwStG 1977 nicht durch die an den Umwandlungsvorgängen beteiligten Körperschaften bestimmt werden. Die am Umwandlungsvorgang Beteiligten haben zwar die Möglichkeit, den Umwandlungsstichtag, d.h. den Zeitpunkt, von dem an die Handlungen des übertragenden Rechtsträgers als für Rechnung des übernehmenden Rechtsträgers vorgenommen gelten, sowie den hiermit meist identischen Stichtag der Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers zu vereinbaren. An die sich aus der Bestimmung dieses Stichtages ergebende steuerrechtliche Konsequenz hinsichtlich des Zeitpunkts des fiktiven Vermögensübergangs auf den übernehmenden Rechtsträger nach § 2 Abs. 1 UmwStG 1977 sind die Beteiligten jedoch gebunden. Auf den Inhalt des Verschmelzungsvertrages, auf den das FG hinsichtlich des Zeitpunkts des (fiktiven) Vermögensübergangs abgestellt hat, kommt es deshalb insoweit nicht an. Der Auffassung des FG, aus der Formulierung "mit Ablauf des Stichtags der Bilanz" in § 2 Abs. 1 UmwStG 1977 ergebe sich, dass der (fiktive) Vermögensübergang erst an dem auf den Stichtag der Schlussbilanz folgenden Tag erfolgt sei, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Vielmehr spricht gerade der vom Gesetzgeber gewählte Wortlaut objektiv für die gegenteilige Annahme, nämlich dafür, dass der fiktive Vermögensübergang am Ende des maßgeblichen Stichtages, d.h. in der denkbar letzten Zeiteinheit dieses Tages erfolgen soll.

Handelt es sich demnach bei dem fiktiven Vermögensübergang nach § 2 Abs. 1 UmwStG 1977 um ein zeitlich (noch) in den maßgeblichen Stichtag fallendes Ereignis, sind dessen Folgen gemäß § 106 Abs. 4 BewG bei der auf den folgenden 1. Januar durchzuführenden Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens zu berücksichtigen[2].

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 22.9.1999 - II R 33/97

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