Leitsatz (amtlich)

Für Stichtage vom 1. Januar 1993 bis 1. Januar 1997 sind bei bilanzierenden Gewerbetreibenden für den Ansatz der aktiven und passiven Wirtschaftsgüter in der Vermögensaufstellung die Steuerbilanzansätze dem Grunde und der Höhe nach maßgebend. Es besteht, soweit das Gesetz nicht etwas anderes vorsieht (vgl. die in Abschn. 27 Abs. 2 Satz 2 der VStR 1993 genannten Fälle), eine (für die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens geltende) Bindung der Vermögensaufstellung an die Steuerbilanz. Maßgeblich sind die "Steuerbilanzwerte", die sich aus der "Steuerbilanz", d.h. derjenigen Bilanz ergeben, die der (Ertrags-)Besteuerung zugrunde gelegen hat.

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine am 1.4.1992 gegründete Personenhandelsgesellschaft, kaufte am 27.10.1992 ein Grundstück. Der "Bruttokaufpreis" betrug 19 974500 DM; die Umsatzsteuer wurde mit 2474500 DM gesondert ausgewiesen. Nach § 4 Abs. 2 des Vertrages sollte die Klägerin "die Verpflichtung zur Zahlung der Umsatzsteuer" an die Verkäuferin durch Abtretung des ihr zustehenden Vorsteuererstattungsanspruchs erfüllen. Die Abtretung wurde im Grundstückskaufvertrag vollzogen. Das Finanzamt stellte den Einheitswert des Betriebsvermögens der Klägerin auf den 1.1.1993 auf 2535 000 DM fest. Dabei berücksichtigte es lediglich den Anspruch der Klägerin auf Vorsteuererstattung von 2474592 DM sowie weitere Forderungen von rd. 66 000 DM als Besitzposten. Als Schuldposten setzte das Finanzamt lediglich einen Betrag von 5 200 DM an. Die Klage, mit der die Klägerin geltend machte, es sei als gesonderter Schuldposten die von der Verkäuferin in Rechnung gestellte Umsatzsteuer, die mit dem Vorsteuererstattungsanspruch in wirtschaftlichem Zusammenhang stehe, anzusetzen, blieb erfolglos. Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidungsgründe

Im Streitfall ist die ab 1.1.1993 geltende Rechtslage maßgebend[1]. Danach richtet sich der Umfang des Betriebsvermögens für Zwecke der Einheitsbewertung für die Stichtage vom 1.1.1993 bis 1.1.1997 weitgehend danach, was ertragsteuerrechtlich dem Betriebsvermögen zugerechnet wird[2]. Bei bilanzierenden Gewerbetreibenden sind für den Ansatz der aktiven und passiven Wirtschaftsgüter in der Vermögensaufstellung die Steuerbilanzwerte dem Grunde und der Höhe nach[3] maßgebend. Es besteht, soweit das Gesetz nicht etwas anderes vorsieht, Bestands- und Wertidentität zwischen der Steuerbilanz und der Vermögensaufstellung[4]. Diese - speziell für die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens bestehende - Bindung der Vermögensaufstellung an die Steuerbilanz ergibt sich aus der - zum 1.1.1998 aufgehobenen - Vorschrift des § 109a BewG n.F. Sie gilt mangels Bezugnahme auf § 109a BewG in § 12 Abs. 5 Satz 2 ErbStG 1974 nicht für die Erbschaftsteuer.

Soweit das Gesetz für Zwecke der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens die Maßgeblichkeit der Steuerbilanzwerte anordnet, sind damit diejenigen Werte gemeint, die sich aus der Steuerbilanz, d.h. derjenigen Bilanz ergeben, die der (Er-trags-)Besteuerung bzw. der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung durch das Finanzamt zugrunde gelegen hat. Die Bindung an die Steuerbilanz ist eine rein formale und erfolgt unabhängig davon, ob die Bilanzansätze nach ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen zutreffend sind. Kommt es für ertragsteuerrechtliche Zwecke zu einer Bilanzberichtigung oder -änderung, erstreckt sich die Maßgeblichkeit auf die berichtigten Steuerbilanzwerte. Das Finanzamt kann nach § 109a BewG n.F. durch Aufhebung oder Änderung des Einheitswertbescheids die notwendigen Konsequenzen ziehen.

Entgegen diesen Grundsätzen hat das FG die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens der Klägerin auf den 1.1.1993 überprüft, ohne Feststellungen zu treffen, ob die Klägerin zur Ermittlung gewerblicher Einkünfte eine Steuerbilanz auf den 31.12.1992 aufgestellt hat, die Grundlage der Besteuerung bzw. der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung durch das Finanzamt war.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 25.10.2000 – II R 58/98

Anmerkung

Im Streitfall hat der BFH für den Bereich der für Stichtage bis einschließlich 1.1.1997 erfolgenden Einheitsbewertung des Betriebsvermögens - maßgebend für die Vermögensteuer und die Gewerbekapitalsteuer - die bislang höchstrichterlich noch nicht geklärte Frage entschieden, ob die bewertungsrechtliche Anknüpfung an die Steuerbilanzwerte auch in den Fällen gilt, in denen die Bilanzansätze - wegen Verstoßes gegen zwingende Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften und -grundsätze - unzutreffend sind. Der BFH hat dies m.E. zutreffend bejaht[5].

Anders dürfte hingegen die Rechtslage für die Bewertung des Betriebsvermögens für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke zu beurteilen sein, weil der Katalog der Verweisungen in § 12 Abs. 5 Satz 2 ErbStG auf die bei der Bewertung des Betriebsvermögens entsprechend anwendbaren Vorschriften des § 109a BewG ausgespart hat. Auch den im Verweisungskatal...

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