Leitsatz (amtlich)

Veräußern zwei gewerbliche Unternehmen die im Rahmen einer sog. Mehrmütterorganschaft gehaltenen Anteile an einer Organgesellschaft, so ist der Veräußerungsgewinn nicht etwa wegen der mit der Veräußerung einhergehenden Beendigung der zwischengeschalteten Beherrschungs-GbR steuerfrei, sondern gehört zum Gewerbeertrag der Organträgerinnen.

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist Gesamtrechtsnachfolgerin einer OHG. Die OHG hielt jeweils 100% des Stammkapitals der F-GmbH und der R-GmbH. Zwischen der OHG und beiden GmbH bestand eine gewerbesteuerliche Organschaft. Die F-GmbH und die R-GmbH waren je zur Hälfte am Stammkapital der A-GmbH beteiligt, die das Grundvermögen des F-Konzerns verwaltete. Am 27.12.1976 schlossen die F-GmbH und die R-GmbH als Organträger mit der A-GmbH als Organgesellschaft einen Beherrschungs- und Ergebnisübernahmevertrag. Am selben Tag gründeten die F-GmbH und die R-GmbH eine GbR als Innengesellschaft mit dem Zweck, Träger der gemeinsamen Willensbildung der Gesellschaften zur Beherrschung der A-GmbH zu sein. Die GbR übte keine eigene gewerbliche Tätigkeit aus. Die Ergebnisse der A-GmbH wurden stets unmittelbar in die gesonderten und einheitlichen Feststellungen der GbR übernommen. Das Finanzamt setzte für die GbR einheitliche GewSt-Messbeträge auf der Grundlage des Gewerbeertrags der A-GmbH fest. Am 31.12.1982 veräußerten die F-GmbH und die R-GmbH ihre Anteile am Stammkapital der A-GmbH für 7 Mio. DM. Den Veräußerungsgewinn erfassten die F-GmbH und die R-GmbH in ihrer jeweiligen Jahresrechnung. Die GbR stellte mit der Anteilsveräußerung den Betrieb ein. Das Finanzamt erfasste bei der Ermittlung des GewSt-Messbetrags der OHG für das Streitjahr 1982 den Veräußerungsgewinn der F-GmbH und der R-GmbH als steuerpflichtigen Gewerbeertrag der OHG als Organträgerin. Die Klage mit dem Begehren, den Veräußerungsgewinn entsprechend Abschn. 39 Abs. 3 GewStR 1978[1] steuerfrei zu belassen, blieb erfolglos[2]. Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.

 

Entscheidungsgründe

Nach § 7 GewStG ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des EStG zu ermittelnde Gewinn aus Gewerbebetrieb, vermehrt oder vermindert um die in §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge. Zu dem nach den Vorschriften des EStG zu ermittelnden Gewinn gehört grundsätzlich auch der Gewinn aus der Veräußerung von zum Betriebsvermögen gehörenden Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, es sei denn, die Anteile werden im Zusammenhang mit einer Betriebsveräußerung oder einer Betriebsaufgabe veräußert oder entnommen[3]. Die Einwände, die die Klägerin hiergegen erhebt, greifen nicht durch.

Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die unterschiedliche steuerliche Behandlung der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften einerseits und Anteilen an Personengesellschaften andererseits verstoße gegen Art. 3 GG. Die beiden Beteiligungsformen weisen Unterschiede auf, die eine Differenzierung in der Besteuerung der Anteilsveräußerung rechtfertigen. Der aus der Veräußerung einer Organbeteiligung resultierende Gewinn erhöht den Gewerbeertrag des Organträgers[4]. Allerdings gilt die Organgesellschaft gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG als Betriebsstätte des Organträgers. Demgemäß sind die während des Bestehens der Organschaft erzielten, aber nicht ausgeschütteten Gewinne regelmäßig beim Organträger besteuert worden. Um eine steuerliche Doppelbelastung zu vermeiden, sind bei der Veräußerung einer Organbeteiligung durch den Organträger diese Gewinne bei der Ermittlung des Gewerbeertrags des Veräußerungsjahres wieder abzuziehen[5]. Damit ist den Besonderheiten der Organschaft Rechnung getragen. Die Gewinne aus der Veräußerung der streitigen GmbH-Anteile sind auch nicht etwa deshalb aus dem Gewerbeertrag der F-GmbH und der R-GmbH herauszunehmen, weil es sich um die Veräußerung eines Teilbetriebs gehandelt hätte. Allerdings gilt nach § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG die das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als Teilbetrieb. Diese Fiktion ist nach Auffassung des BFH im GewSt-Recht nicht anzuwenden[6]. Auf die an dieser Rechtsprechung geübte Kritik[7] ist im Streitfall nicht einzugehen, da die F-GmbH und die R-GmbH jeweils nur 50 % des Nennkapitals an der GmbH gehalten haben. Die beiden Beteiligungen sind auch nicht etwa deshalb zusammen zu rechnen, weil die F-GmbH und die R-GmbH ihrerseits mit der Klägerin als Organträgerin organschaftlich verbunden waren. Trotz der Fiktion, dass die Organgesellschaft als Betriebsstätte des Organträgers anzusehen ist, bilden die Organgesellschaften und der Organträger kein einheitliches Unternehmen. Sie bleiben vielmehr selbständige Gewerbebetriebe, die einzeln für sich bilanzieren und deren Gewerbeerträge getrennt zu ermitteln sind[8].

Die Klägerin kann sich ferner nicht darauf berufen, dass der Gewerbeertrag gemäß § 9 Nr. 2a GewStG um den sich aus der Veräußerung der Beteiligung ergebenden Gewinn zu kürzen sei. Die Vorschrift sieht eine Kürzung der Gewinne aus Anteilen an einer nicht ...

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