Dr. Alexander Becker, Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Leitsatz
Der Steuerwert eines Nutzungsrechts an einem Wirtschaftsgut kann nicht größer sein als der Wert des genutzten Wirtschaftsguts selbst. Diesem Gedanken trägt § 16 BewG Rechnung und bestimmt, dass bei der Ermittlung des Kapitalwerts der Nutzungen eines Wirtschaftsguts der Jahreswert dieser Nutzungen höchstens den Wert betragen kann, der sich ergibt, wenn der für das genutzte Wirtschaftsgut nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes anzusetzende Wert, welches auch der Mindestwert nach § 146 Abs. 6 BewG sein kann, durch 18,6 geteilt wird.
Sachverhalt
Die Steuerpflichtige erhielt von ihrer Mutter im Dezember 2002 ein vermietetes bebautes Grundstück geschenkt. Die Mutter behielt sich ein lebenslanges, unentgeltliches Nießbrauchsrecht an dem Grundstück, das eine durchschnittliche Jahreskaltmiete von 88732 EUR erzielte, vor. Im Juli 2004 verzichtete sie Mutter auf den vorbehaltenen Nießbrauch gegen eine monatliche Zahlung von 3000 EUR. Das Finanzamt sah hierin eine gemischte Schenkung und setzte gegen die Steuerpflichtige (unter Berücksichtigung der Vorschenkung) Schenkungsteuer fest. Dabei ging es bei der Berechnung der Bereicherung von einem Verkehrswert des aufgegebenen Nießbrauchs nach § 14 Abs. 1 BewG i.V.m. der Anlage 9 zu § 14 BewG von 797700 EUR (Jahresmiete 88732 EUR × 8,990) und einem Verkehrswert für die dauernde Last von 323640 EUR (36000 EUR × 8,990) aus.
Der BFH teil die Auffassung des Finanzamts. Die Bereicherung bestimmt sich bei der gemischten Schenkung nach dem Verhältnis des Verkehrswerts der Bereicherung des Beschenkten zum Verkehrswert der Leistung des Schenkers; die Gegenleistung ist entsprechend ihrem Anteil am Verkehrswert der Leistung des Zuwendendenvon deren Steuerwert abzuziehen. Als Verkehrswert ist jeweils der gemeine Wert i.S.d. § 9 BewG anzusetzen, wobei lebenslängliche Nutzungen und Leistungen aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung mit dem sich aus § 14 Abs. 1 BewG ergebenden Kapitalwert angesetzt werden dürfen.
Das Finanzamt hat diese Grundsätze zutreffend angewandt. Zudem hat es auch § 16 BewG beachtet, wonach der Jahreswert einer Nutzung bezogen auf den steuerlichen Wert eines Wirtschaftsguts zu begrenzen ist. Denn entgegen der Auffassung der Steuerpflichtigen kann Bezugsgröße für die Begrenzung auch der höherere Mindestwert nach § 146 Abs. 6 BewG sein, wenn das Ertragswertverfahren nach § 146 Abs. 2 BewG den steuerlichen Wert nicht zutreffend abbildet.
Hinweis
Die Nießbrauchsbelastung ist von dem Mindestwert nicht abzuziehen denn nach § 16 BewG ist von dem Wert des genutzten Wirtschaftsguts auszugehen, der sich nach den Vorschriften des BewG ergibt. Bei allen in § 146 BewG vorgesehenen Werten für bebaute Grundstücke bleiben Nutzungsrechte unberücksichtigt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 15.12.2010, II R 41/08.