Leitsätze (amtlich)

  1. § 11 Abs. 3 Satz 1 GewStG verweist u.a. auf die durch § 2 Abs. 2 und 6 HAG legal definierten Begriffe des "Hausgewerbetreibenden" und der "fremden Hilfskräfte".
  2. "Fremde Hilfskräfte" (§ 2 Abs. 6 HAG) des Hausgewerbetreibenden sind alle aufgrund von Arbeitsverträgen - auch aushilfsweise - bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer einschließlich solcher, die nahe Angehörige i.S. von § 2 Abs. 5 Buchst. a bis c HAG sind und mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben (entgegen BFH-Urteil vom 4.10.1956, V 96/56 S, BStBl III 1956, S. 343).
 

Sachverhalt

Der Kläger betrieb in den Streitjahren 1992 und 1993 eine Poliererei. Er beschäftigte in seiner Werkstatt verschiedene Hilfskräfte, darunter seine mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebende Ehefrau und sein Sohn L. Das Finanzamt lehnte es ab, den Kläger als Hausgewerbetreibenden i.S. von § 11 Abs. 3 GewStG einzustufen. Denn er habe in den Streitjahren durchgehend mehr als zwei "fremde Hilfskräfte" i.S. von § 2 Abs. 2 HAG beschäftigt. Unter die "fremden Hilfskräfte" in diesem Sinne fielen auch die gegen Entgelt beschäftigten Familienangehörigen, sofern die geleistete Arbeit über die familienrechtliche Mitarbeit hinausgehe. Das Finanzamt setzte deshalb die einheitlichen GewSt-Messbeträge für die Streitjahre unter Anwendung der Regelsteuermesszahl fest. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt[1]. Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab.

 

Entscheidungsgründe

Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 GewStG 1991 ermäßigen sich bei Hausgewerbetreibenden die in § 11 Abs. 2 GewStG 1991 festgelegten Steuermesszahlen für den Gewerbeertrag auf die Hälfte. Mit dieser Regelung knüpft das GewStG unmittelbar an das HAG an.

Der Kläger war kein Hausgewerbetreibender i.S. von § 2 Abs. 2 HAG. Hausgewerbetreibender ist danach, "wer in eigener Arbeitsstätte … mit nicht mehr als zwei fremden Hilfskräften oder Heimarbeitern im Auftrag von Gewerbetreibenden oder Zwischenmeistern Waren herstellt, bearbeitet oder verpackt, wobei er selbst wesentlich am Stück mitarbeitet, jedoch die Verwertung der Arbeitsergebnisse dem unmittelbar oder mittelbar auftraggebenden Gewerbetreibenden überlässt". Als "fremde Hilfskraft" bezeichnet § 2 Abs. 6 HAG denjenigen, der "als Arbeitnehmer eines Hausgewerbetreibenden oder nach § 1 Abs. 2 Buchst. b und c Gleichgestellten in deren Arbeitsstätte beschäftigt ist". Von den in § 2 Abs. 2 HAG normierten Voraussetzungen ist im vorliegenden Fall allein fraglich, ob der Kläger "mit nicht mehr als zwei fremden Hilfskräften" gearbeitet hat. Hilfskräfte in diesem Sinne sind nicht nur Vollzeitbeschäftigte, sondern auch aushilfsweise beschäftigte Arbeitnehmer. Auch bei der Bemessung der Zahl der beschäftigten "fremden Hilfskräfte" i.S. von § 2 Abs. 6 HAG werden die teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer in vollem Umfang einbezogen. Ob der Kläger nicht mehr als zwei fremde Hilfskräfte eingesetzt hat, hängt entscheidend davon ab, ob die vom Kläger aufgrund von Arbeitsverträgen beschäftigten, mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden nahen Angehörigen als "fremde Hilfskräfte" i.S. von § 2 Abs. 2 i.V.m. § 2 Abs. 6 HAG zu qualifizieren sind. Dies ist entgegen der Ansicht des FG zu bejahen.

Dieses Ergebnis findet eine Stütze bereits im Wortlaut des § 2 Abs. 6 HAG. Danach werden als "fremde Hilfskräfte" ohne Ausnahme - also unter Einschluss auch naher Angehöriger - alle Personen bezeichnet, die von dem Hausgewerbetreibenden als Arbeitnehmer beschäftigt werden. Es folgt auch aus dem Sinn und Zweck sowohl der den Hausgewerbetreibenden betreffenden Grundnorm des § 2 Abs. 2 HAG als auch der sie ergänzenden Vorschriften in § 2 Abs. 5 und 6 HAG. § 2 Abs. 2 HAG bezweckt, den dort normierten Personenkreis von Klein- und Kleinsthausgewerbetreibenden "mit nicht mehr als zwei fremden Hilfskräften" infolge seiner (vom Gesetz unwiderleglich vermuteten) erhöhten Schutzbedürftigkeit den besonderen Regeln des HAG zu unterstellen. Es fehlt jeder sachliche Grund dafür, als "fremde Hilfskraft" i.S. von § 2 Abs. 6 HAG nicht auch solche Arbeitnehmer anzusehen, die nahe Angehörige des Steuerpflichtigen sind und mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben. Denn (wirksame) Arbeitsverhältnisse zwischen dem Steuerpflichtigen und seinen nahen, mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Angehörigen begründen zwischen den Beteiligten im Wesentlichen dieselben Rechte und Pflichten und unterstehen denselben arbeitsrechtlichen Regeln wie diejenigen Arbeitsverhältnisse, die der Steuerpflichtige mit nicht nahe stehenden Personen oder solchen nahen Angehörigen eingeht, die ihren eigenen Haushalt führen. Es kommt hinzu, dass es für den objektiven Erfolg des Unternehmens keine Rolle spielt, welcher Arbeitnehmer die ihm zugute kommende Arbeitsleistung erbringt, ob er nun der Ehegatte, ein Verwandter oder ein Fremder ist. Schließlich widerspräche es auch dem Gebot der Wettbewerbsgleichheit und damit Art. 3 Abs. 1 GG, Hausgewerbetreibende, die dauerhaft mehr als zwei Arbeitnehmer beschäftigen, einer...

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