Prof. Dr. Bernd Heuermann
Leitsatz
Wird bei dem Abschluss eines Grundstückskaufvertrags zwischen Angehörigen zugleich die (Rück-)Schenkung des Kaufpreises vereinbart, kann eine missbräuchliche Gestaltung i.S. von § 42 AO zur Erlangung der Eigenheimzulage vorliegen.
Sachverhalt
A bewirtschaftete als Pächter den Hof seiner Eltern. 1996 übertrugen ihm die Eltern den Hof durch vorweggenommene Erbfolge, weil A für 500000 DM investieren wollte. Das Wohnhaus übertrugen sie mit demselben Vertrag zum Kaufpreis von 100000 DM. Der Kaufpreis wurde in vollem Umfang finanziert; der Vater legte den Betrag als Termingeld an und schenkte ihn seinem Sohn 1997, um ihm im Hinblick auf seine Investitionen zu helfen. Mit dem geschenkten Geld löste A das Darlehen ab. Er beantragte Eigenheimzulage. Finanzamt und -gericht lehnten dies ab. Das FG kam zum Ergebnis, A hätte die Wohnung – was von Anfang an geplant gewesen sei – ohne wirtschaftliche Belastung erhalten.
Entscheidung
Der BFH bestätigte diese Auffassung. Die Gestaltung zur Erlangung der Eigenheimzulage ist dann gemäß § 42 AO missbräuchlich, wenn die spätere (Rück-)Schenkung des Geldbetrags durch den Vater bereits bei Vereinbarung und Zahlung des Kaufpreises durch A von vornherein Gegenstand eines Gesamtplans war, A die Wohnung wirtschaftlich unentgeltlich zu überlassen. Nach der Rechtsprechung des BFH kann nämlich ein steuerrechtlich erheblicher Aufwand dann nicht anerkannt werden, wenn er nach dem Gesamtplan des Steuerpflichtigen erst geschaffen oder wieder ausgeglichen wird und damit von vornherein eine wirtschaftliche Belastung vermieden werden soll. Diese "Gesamtplanrechtsprechung" beruht darauf, dass eine auf einheitlicher Planung basierende und in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehende Mehrzahl von Rechtsgeschäften für die steuerliche Behandlung zu einem einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang zusammenzufassen und sodann unter den Steuer- oder Zulagetatbestand zu subsumieren ist. Der Anspruch entsteht dann nach § 42 Abs. 1 Satz 2 AO entsprechend einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen Gestaltung. Im Streitfall war der BFH an die mögliche Würdigung des FG, bereits bei der Veräußerung des Hauses sei eine Rückzahlung des Kaufpreises beabsichtigt gewesen, nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden.
Praxishinweis
Mit dieser Entscheidung macht der BFH die objektiven Voraussetzungen der Gesamtplanrechtsprechung deutlich. Damit mehrere Rechtsgeschäfte für Zwecke der Besteuerung zusammengefasst werden können, müssen sie auf einer einheitlichen Planung beruhen. Das werden die Vertragsparteien aber regelmäßig nicht offenbaren. Deshalb muss von objektiven Umständen auf eine entsprechende innere Tatsache geschlossen werden, so etwa, wenn die Rechtsgeschäfte in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zueinander stehen. Dann ist eine Würdigung möglich, dass es sich dabei um Teilschritte eines Gesamtgeschehens handelt. Hinzukommen muss aber immer, dass die Beteiligen die einzelnen Teilschritte des Gesamtgeschehens beherrschen.
Indes muss immer wieder berücksichtigt werden: Was so gestaltet werden kann, kann auch anders gestaltet werden – und man verlässt den Bereich des Gesamtplans. Die Entscheidung verdeutlicht überdies, dass § 42 AO die einschlägige Vorschrift ist, um zivilrechtlich wirksame Vereinbarungen im Hinblick auf ihre wirtschaftliche Substanz zu korrigieren.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 27.10.2005, IX R 76/03