Leitsatz

  1. Der vortragsfähige Gewerbeverlust i.S. von § 10a GewStG ist bei einem Gesellschafterwechsel in einer Personengesellschaft mitunternehmerbezogen zu ermitteln. Hierfür sind die Gewerbeerträge des Anrechnungsjahrs und die Fehlbeträge des Verlustentstehungsjahrs nach dem Gewinnverteilungsschlüssel und unter Berücksichtigung von Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben den Mitunternehmern zuzuordnen.
  2. Das Merkmal der Unternehmeridentität erfordert nicht auch Beteiligungsidentität.
 

Sachverhalt

K ist Gesamtrechtsnachfolgerin der T-KG. Kommanditist T verstarb im Dezember 1990; sein Kommanditanteil von 60 % ging auf seinen Gesamtrechtsnachfolger X über. Zum 31.3.1992 übertrugen die Kommanditisten P und V ihre Anteile an der T-KG von 10 % bzw. 5 % auf S. Zudem übertrug Kommanditist R zum 1.9.1994 seinen 1 %-Anteil auf L, der zum 1.10.1994 auch 6 % der Anteile von X übernahm. Das Finanzamt stellte folgende vortragsfähigen Gewerbeverluste anhand der Quote, mit der die ausgeschiedenen Gesellschafter im Jahr der Verlustentstehung laut Gewinnverteilungsschlüssel am Gewerbeertrag beteiligt waren, entgegen der Rechtsprechung[1], aber entsprechend einem Nichtanwendungserlass[2] fest:

  • Bescheid vom 24.1.1997: Gewerbeverlust zum 31.12.1990 von ca. 2,3 Mio. DM, darin enthalten der Gewerbeverlust 1990 von ca. 5,4 Mio. DM abzüglich Verlustverbrauch von ca. 3,1 Mio. DM durch das Ausscheiden von T;
  • Bescheid vom 24.1.1997: Gewerbeverlust zum 31.12.1991 von ca. 16,2 Mio. DM;
  • Bescheid vom 16.10.2000: Gewerbeverlust zum 31.12.1992 von ca. 17,3 Mio. DM, bestehend aus dem Gewerbeverlust zum 31.12.1991 abzüglich Verlustanteil von P und V, zuzüglich Gewerbeverlust 1992;
  • Bescheid vom 16.10.2000: Gewerbeverlust zum 31.12.1993 von ca. 16 Mio. DM;
  • Bescheid vom 16.10.2000: Gewerbeverlust zum 31.12.1994 von ca. 7,1 Mio. DM, bestehend aus dem Gewerbeverlust zum 31.12.1993 abzüglich Verlustanteil von R und Verlustabzug 1994. Die Kürzung für R erfolgte, obwohl er in den Verlustentstehungsjahren wegen hoher Sonderbetriebseinnahmen positive Einkünfte erzielt hatte. Die Verminderung der Beteiligung von X blieb ohne Auswirkung.

K machte geltend, diese Berechnungsmethode führe zu einer Kürzung des Gewerbeverlustvortrags von ca. 3,3 Mio. DM gegenüber 2,1 Mio. DM bei personenbezogener Berechnung. Das FG gab der Klage im Wesentlichen statt. Dagegen richtete sich die Revision.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Revision in den wesentlichen Punkten zurückgewiesen. Nach ständiger Rechtsprechung[3] geht er davon aus, dass der vortragsfähige Gewerbeverlust bei Gesellschafterwechseln in einer Personengesellschaft mitunternehmerbezogen zu ermitteln ist. Der Verlustabzug erfordert Unternehmens- und Unternehmeridentität. Letzteres bedeutet, dass der Steuerpflichtige, der den Verlustabzug beansprucht, den Verlust zuvor in eigener Person erlitten haben muss, d.h. zur Zeit der Verlustentstehung und im Jahr des positiven Gewerbeertrags Unternehmensinhaber war. Bei einer Personengesellschaft sind die Mitunternehmer auch Unternehmer aus gewerbesteuerrechtlicher Sicht. Dem gemäß entfällt der Verlustabzug beim Ausscheiden von Gesellschaftern, soweit er anteilig den ausgeschiedenen Gesellschafter zuzurechnen ist.

Die Verlustverrechnung gemäß § 10a Satz 1 GewStG hat mitunternehmerbezogen zu erfolgen. Sowohl die Gewerbeerträge des Anrechnungsjahrs als auch die Fehlbeträge des Verlustentstehungsjahrs müssen den Mitunternehmern entsprechend dem Gewinnverteilungsschlüssel unter Berücksichtigung von Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben zugeordnet werden. Die Ergebnisse der einzelnen Verrechnungen sind danach zum einheitlichen Gewerbeertrag des Unternehmens zusammenzufassen. Auch für Zwecke des § 10a GewStG ist auf die Zuordnung des Gewerbeertrags der Gesellschaft zum einzelnen Mitunternehmer abzustellen. Da gerade das Sonderbetriebsvermögen neben der Beteiligung am Gewinn der Gesellschaft die Zuordnung des Gewerbeertrags zum einzelnen Mitunternehmer ausmacht, muss auch das Sonderbetriebsvermögen entsprechend berücksichtigt werden.

Der auf X bezogene Verlustvortrag war nicht entsprechend seiner Anteilsreduzierung zu mindern. Denn das Merkmal der Unternehmeridentität fordert insoweit keine Beteiligungsidentität. Überträgt ein Gesellschafter einen Teil seiner Beteiligung, reduziert sich dadurch nur der Anteil des übertragenden Gesellschafters. Der Verlustvortrag nach § 10a GewStG ist indes nach denselben Grundsätzen zu berechnen wie bei gleich bleibendem Anteilsbestand. Die Unternehmeridentität ist in beiden Fällen gewahrt.

 

Praxishinweis

Mit der Rezensionsentscheidung macht der BFH deutlich, dass er an seiner Rechtsprechung zur mitunternehmerbezogenen Berechnung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts festhält. Das gilt insbesondere im Hinblick auf den Beschluss des Großen Senats vom 3.5.1993[4] sowie das BFH-Urteil vom 16.2.1994[5]. Die Finanzverwaltung wird sich daher überlegen müssen, ob sie auf ihrem Nichtanwendungserlass zum letztgenannten Urteil beharrt oder ihre Position überdenkt. Da...

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