Leitsatz

  1. Eine Steuerfestsetzung kann nur dann auf einem rückwirkenden Ereignis beruhen, wenn das rückwirkende Ereignis tatsächlich zu einer abweichenden Steuerfestsetzung geführt hat.
  2. Aktiviert ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG) in einer geänderten Bilanz nachträglich Forderungen und führt er die dadurch ausgelöste Gewinnerhöhung entsprechend seiner Satzung den Rückstellungen für Beitragsrückerstattung zu, löst dies keine unterschiedlichen Zinsläufe aus.
 

Sachverhalt

K, ein VVaG, erfasste Zinserträge, die 1996 betrafen, aber erst im Folgejahr gezahlt wurden, in 1997. Der Jahresabschluss für 1996 wurde im Frühjahr 1997 auf- und festgestellt. 15 Mio. des Gewinns wurden den Rücklagen zugeführt. Der restliche Rohüberschuss wurde der Rückstellung für Beitragsrückerstattung zugewiesen. Bei einer Außenprüfung beschloss K, die Zinserträge phasengleich zu erfassen. Der berichtigte Jahresabschluss 1996 wurde im November 2003 festgestellt. Die Dotierung der Gewinnrücklagen blieb unverändert, die Rückstellung erhöhte sich, die Bilanzänderung blieb erfolgsneutral.

Das Finanzamt änderte den Körperschaftsteuerbescheid für 1996 aufgrund einer nicht strittigen Gewinnerhöhung und setzte in 2004 gegen K höhere Körperschaftsteuer sowie Zinsen gem. § 233a AO fest. Es ging dabei fiktiv von einer infolge Einbeziehung der Zinserträge erhöhten Körperschaftsteuer aus. Die Erhöhung der Rückstellung sei ein rückwirkendes Ereignis, sodass der Zinslauf 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs begonnen habe, in dem die geänderte Handelsbilanz 1996 festgestellt worden sei. Die anschließende Klage wies das FG ab.

 

Entscheidung

Der BFH gab der Klage statt. Auch er nahm ein rückwirkendes Ereignis an, das grundsätzlich einen besonderen Zinslauf auslösen kann. Jedoch setzt das voraus, dass das rückwirkende Ereignis auch tatsächlich zu einer geänderten Steuerfestsetzung führt. Davon kann hier keine Rede sein, weil die betreffenden Zinserträge in die erhöhte Rückstellung eingegangen sind.

 

Hinweis

Der Zinslauf beginnt bei einem rückwirkenden Ereignis 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das betreffende Ereignis eingetreten ist. Das setzt aber voraus, dass das rückwirkende Ereignis tatsächlich zu einer abweichenden Steuerfestsetzung geführt hat. Fehlt es daran oder beruht eine abweichende Steuerfestsetzung auf anderen Ursachen, die nur "zufällig" mit einem rückwirkenden Ereignis zeitlich gleichlaufen, bietet § 233a Abs. 2a AO keine Handhabe für die Zinsfestsetzung mit dem besonderen Zinslauf. So lagen die Dinge hier.

Auch bei einem rückwirkenden Ereignis ist der Zinslauf nicht schematisch nach § 233a Abs. 2a AO zu berechnen. Vielmehr ist genau zu prüfen, ob und inwieweit das rückwirkende Ereignis sich überhaupt in einer abweichenden Steuerfestsetzung niedergeschlagen hat.

 

Link zur Entscheidung

BFH, 17.02.2010, I R 52/09.

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