Leitsatz

Hat ein Unternehmer innergemeinschaftliche Lieferungen i.S. des § 6a Abs. 1 UStG 1999 ausgeführt und den nach § 6a Abs. 3 Satz 2 UStG 1999, § 17c UStDV 1999 erforderlichen Buchnachweis rechtzeitig und vollständig erbracht, kann der nach § 17a UStDV 1999 erforderliche Belegnachweis bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem FG nachgeholt werden.

 

Sachverhalt

Ein Händler lieferte im Streitzeitraum 13 gebrauchte Kfz, die er zuvor mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer erworben hatte, nach Italien. In den mit seiner und der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der italienischen Erwerber versehenen Rechnungen wies er keine Umsatzsteuer gesondert aus. Er brachte neben dem Rechnungsbetrag den Vermerk "Verkauf nach Art. 25a" an. Die Abnehmer wendeten auf die gelieferten Kfz in Italien die Differenzbesteuerung nach italienischem Recht an.

Der Händler meldete steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen an. Die entsprechenden Belege für die Lieferungen nach Italien und die Nachweise in der Buchführung lagen vor. Das Finanzamt behandelte die Lieferungen jedoch als steuerpflichtig, weil die Erwerber in Italien den innergemeinschaftlichen Erwerb nicht versteuert hätten. Im Laufe des Klageverfahrens berichtigte der Händler die Rechnungen mit dem Vermerk, die Lieferungen seien als innergemeinschaftliche Lieferungen steuerfrei. Das FG wies die Klage dennoch ab: Mit der Rechnungsberichtigung habe der Händler zwar später einen ordnungsgemäßen Belegnachweis steuerfreier innergemeinschaftlicher Lieferungen erbracht. Die Berichtigung der Rechnungen wirke jedoch entsprechend § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG 1999 a.F. nicht auf den Streitzeitraum zurück. Der Belegnachweis könne zwar bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG geführt werden. Weil der Händler das Finanzamt zunächst nicht auf den Mangel hingewiesen habe, könne er die Steuerbefreiung dennoch nicht beanspruchen.

 

Entscheidung

Die Revision des Händlers hatte Erfolg. Alle drei Voraussetzungen für eine innergemeinschaftliche Lieferung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a Abs. 1 UStG lagen vor:

  • Die Kfz waren nach Italien gelangt.
  • Die Abnehmer haben die Kfz als Unternehmer für ihre jeweiligen Unternehmen erworben.
  • Der Erwerb unterlag bei den Abnehmern in Italien der Umsatzsteuer; denn der Händler hatte die Lieferungen nicht im Rahmen der Differenzbesteuerung ausgeführt. Dann hätte der innergemeinschaftliche Erwerb in Italien nicht der Umsatzsteuer unterlegen.

Darauf, dass die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs in Italien tatsächlich durchgeführt wurde, kommt es insoweit nicht an.

Der Händler hat den zunächst fehlenden Belegnachweis durch Ergänzung der Rechnung zulässigerweise nachgeholt. Er hat den zunächst unrichtigen Beleg, d.h. die Rechnung ohne Hinweis auf die Steuerfreiheit, zulässigerweise nachträglich richtig gestellt. Nach ständiger Rechtsprechung kann der erforderliche Belegnachweis bei Ausfuhrlieferungen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem FG nachgeholt werden, wenn der Steuerpflichtige den Buchnachweis rechtzeitig geführt hat. Dies gilt angesichts des identischen Wortlauts der einschlägigen Vorschriften auch für den Nachweis innergemeinschaftlicher Lieferungen.

§ 14 Abs. 2 und § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG 1999 a.F. stehen der rückwirkenden Berichtigung nicht entgegen, denn in den ursprünglichen Rechnungen war kein "Steuerbetrag" vorhanden, der erst mit Wirkung für den späteren Voranmeldungszeitraum der Berichtigung korrigiert werden könnte.

 

Praxishinweis

Die Entscheidung betrifft im Wesentlichen Fälle, bei denen die innergemeinschaftliche Lieferung zwar tatsächlich durchgeführt wurde und der sog. Buchnachweis nach § 17c UStDV zeitnah vorliegt, aber der Belegnachweis nach § 17a UStDV fraglich ist. Als Belegnachweis kann eine zutreffend – hier nach § 14a UStG – ausgestellte Rechnung dienen. Sie ist zwar nicht zwingend der einzig zugelassene Beleg, denn § 17a Abs. 2 UStDV ist nur eine Sollvorschrift, dürfte aber der Regelnachweis sein. Eine nicht als Belegnachweis ausreichende Rechnung kommt also – wie hier – in Betracht, wenn der Vermerk "steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung" bzw. Ähnliches darauf fehlt oder – wie hier wegen der Angabe Differenzbesteuerung – falsch ist. Solche Fehler im Belegnachweis können "bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung" – regelmäßig rückwirkend – geheilt werden. Falls das Finanzamt die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung versagt, muss der Bescheid daher angefochten werden. Dann kann der Nachweis bis zur Bestandskraft nachgeholt werden.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 30.3.2006, V R 47/03

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