Leitsatz
Die nach § 1 Abs. 3 Satz 4 EStG zum Nachweis der Höhe der nicht der deutschen Steuer unterliegenden Einkünfte erforderliche Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde ist auch dann vorzulegen, wenn der Steuerpflichtige angibt, keine derartigen Einkünfte erzielt zu haben (sog. Nullbescheinigung).
Sachverhalt
Kläger sind die Eheleute M und F mit Wohnsitz in Frankreich. M ist deutscher Staatsangehöriger und hatte im Streitjahr 2002 einen weiteren Wohnsitz in Deutschland.
Er erzielte Einkünfte als Arbeitnehmer sowie aus Kapitalvermögen. F erzielte keine Einkünfte. Das Finanzamt setzte die Einkommensteuer gegen M auf Basis seines zu versteuernden Einkommens nach der Grundtabelle fest. Die Zusammenveranlagung lehnte es mangels einer Bescheinigung der französischen Steuerbehörde über die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte der Eheleute ab.
Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg.
Entscheidung
Dem widersprach der BFH: Ohne "Nullbescheinigung" der ausländischen Steuerbehörde ist die Zusammenveranlagung zu versagen.
Hinweis
Nach § 1 a Abs. 1 Nr. 2 EStG können nicht dauernd getrennt lebende Ehegatten auf Antrag zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, wenn einer von ihnen die Voraussetzungen der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 oder 3 EStG erfüllt. Dies erfordert, dass
- der unbeschränkt steuerpflichtige Ehegatte Angehöriger eines EU- oder EWR-Staats ist,
- der andere Ehegatte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im EU- bzw. EWR-Ausland hat und
- die Einkunftsgrenzen des § 1 Abs. 3 Satz 2 EStG eingehalten werden.
Eine Zusammenveranlagung war danach bis 2007 nur möglich, wenn die Einkünfte beider Ehegatten im Kalenderjahr mind. zu 90 % der deutschen Einkommensteuer unterlagen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte nicht mehr als 12.272 EUR betrugen.
Die Höhe der letztgenannten Einkünfte musste – und muss – durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen werden.
Dieses Nachweiserfordernis ist eine materiell-rechtliche Voraussetzung. Die Bescheinigung muss entgegen der Verwaltungsauffassung zwar nicht auf einem amtlichen Vordruck erbracht werden. Sie ist aber unverzichtbar, selbst wenn im Ausland keine Einkünfte erzielt wurden.
Wie es sich verhält, wenn im Wohnsitzstaat keine Bescheinigung erlangt werden kann, lässt der BFH offen. Ist es nicht möglich, einen Besteuerungsnachweis zu erbringen, gilt m.E., dass Unzumutbares kaum eingefordert werden kann.
Link zur Entscheidung
BFH, 08.09.2010, I R 80/09.