Leitsatz

  1. Belege zum Nachweis einer Beförderung oder Versendung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen i.S.v. § 17a UStDV müssen entweder selbst oder in Verbindung mit anderen Unterlagen den Namen und die Anschrift ihres Ausstellers erkennen lassen.
  2. Der Belegnachweis nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. § 17a UStDV unterliegt der Nachprüfung. Sind die Belegangaben unzutreffend oder bestehen an der Richtigkeit der Angaben begründete Zweifel, die der Unternehmer nicht nach allgemeinen Beweisgrundsätzen ausräumt, ist die Lieferung steuerpflichtig, sofern nicht die Voraussetzungen des § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG vorliegen.
  3. Ein CMR-Frachtbrief ist auch dann ein Versendungsbeleg gem. § 17a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 10 Abs. 1 UStDV, wenn er keine Bestätigung über den Warenempfang am Bestimmungsort enthält (entgegen dem BMF-Schreiben vom 6.1.2009, IV B 9 – S 7141/08/10001, BStBl 2009 I S. 60, Rz. 38).
  4. Die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht zum Nachweis der Abholberechtigung des Abholenden zählt nicht zu den Erfordernissen für einen i.S.d. § 17a Abs. 1 und 2 UStDV ordnungsgemäßen Belegnachweis (entgegen BMF-Schreiben in BStBl 2009 I S. 60, Rz 29 und 32). Davon zu unterscheiden ist die Nachprüfbarkeit der Abholberechtigung durch das Finanzamt bei Vorliegen konkreter Zweifel im Einzelfall.
 

Problematik

Die Klägerin lieferte gebrauchte Fahrzeuge in das übrige Gemeinschaftsgebiet und beanspruchte vergeblich die Steuerbefreiung nach § 6a UStG. In einem CMR-Frachtbrief war das Feld 24 nicht ausgefüllt. Z. T. war nur der Reisepass des Abholers kopiert; die Anschrift fehlte. Finanzamt und FG[1] stellten auf den fehlenden Belegnachweis ab.

 

Entscheidung des BFH

Die wesentlichen Gründe ergeben sich aus den Konsequenzen für die Praxis. Der BFH verwies die Sache zurück, weil die Angaben z.T. widersprüchlich waren. Soweit die Klägerin den Belegnachweis der Art nach nur unvollständig geführt hatte, schloss der BFH die Gewährung von Vertrauensschutz nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG aus.

 

Konsequenzen für die Praxis

Der Unternehmer, der die Steuerfreiheit für eine innergemeinschaftliche Lieferung beansprucht, muss (nur) den nach § 6a Abs. 3 i.V.m. der UStDV geforderten Beleg- und Buchnachweis erbringen. Ein Belegnachweis setzt aber zumindest voraus, dass dem Beleg selbst oder in Verbindung mit anderen Unterlagen Name und Anschrift des Ausstellers leicht und eindeutig zu entnehmen ist. Diese Anforderungen sind gemeinschaftsrechtskonform. Von zusätzlichen Anforderungen allerdings darf das Finanzamt die Steuerbefreiung ohne konkrete Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit nicht abhängig machen, wenn Buch- und Belegnachweis vollständig und in sich schlüssig sind.

Die Steuerfreiheit darf deshalb – entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung – nicht allein deswegen versagt werden, weil beim CMR-Frachtbrief – einem Versendungsbeleg, der den in den UStDV genannten Versendungsbelegen in nichts nachsteht – die Empfängerbestätigung nicht ausgefüllt ist, oder weil für den Abholer keine Vollmacht vorliegt.

Davon zu unterscheiden ist: Die nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV beizubringenden Nachweise dienen der – gem. § 88 AO und §§ 90ff. AO und ggf. unter Anwendung der innergemeinschaftlichen Amtshilfebestimmungen – vorzunehmenden Prüfung, ob die Voraussetzungen der Steuerfreiheit tatsächlich vorliegen. Erweisen sich dabei die Nachweisangaben als unzutreffend oder bestehen zumindest berechtigte Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Angaben, die der Unternehmer nicht nach allgemeinen Beweisregeln und -grundsätzen ausräumt, ist die Lieferung steuerpflichtig. Der Unternehmer trägt dabei das Risiko einer nicht geglückten Aufklärung, einer als zweifelhaft erscheinenden Beförderung zum Bestimmungsort oder einer zweifelhaften Bevollmächtigung eines Abnahmebeauftragten. Beleg- und Buchnachweis kommt daher letztlich die Funktion eines widerlegbaren Anscheinsbeweises zu.

Liegt eine innergemeinschaftliche Lieferung zweifelsfrei vor, kann die Steuerbefreiung zwar auch bei Fehlen oder Unvollständigkeit von Beleg- und Buchnachweis beansprucht werden. Das Risiko, dass das gelingt, ist hoch.

Können konkrete Zweifel am Vorliegen der Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der innergemeinschaftliche Lieferung nicht ausgeräumt werden, kann der Unternehmer Vertrauensschutz nach § 6a Abs. 4 UStG grundsätzlich nur beanspruchen, wenn er die nach der UStDV geforderten Beleg- und Buchnachweise vollständig und rechtzeitig erbracht hat. Ob der Unternehmer deren Unrichtigkeit bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte, hängt im Wesentlichen von den Verhältnissen des Einzelfalls ab.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 12.5.2009, V R 65/06, BFH/NV 2009 S. 1555

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