Leitsatz
- Legt der Steuerpflichtige zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts das Gutachten eines Sachverständigen für Grundstücksbewertung vor und gelangt der Gutachter nach einer Wertermittlung sowohl im Sachwert- als auch im Ertragswertverfahren mit zutreffender Begründung dazu, dass das Grundstück ausschließlich im Ertragswertverfahren zu bewerten ist, handelt das Finanzamt rechtswidrig, wenn es den Grundstückwert ohne weitere Begründung auf den Mittelwert beider Werte feststellt.
- Fehlt als letzter Schritt einer Grundstücksbewertung nach der WertV die Anpassung an die Marktverhältnisse nach § 7 Abs. 1 Satz 2 WertV, ist der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts (noch) nicht geführt. Die Preisbildung am Grundstücksmarkt richtet sich nicht nur nach den Ertragserwartungen der Nachfrager.
- Beim Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts nach § 146 Abs. 7 BewG i.d.F. vor 2007 war auf die Wertverhältnisse vom Bewertungsstichtag abzustellen.
Sachverhalt
Das Finanzamt stellte den Wert eines Gewerbegrundstücks nach § 146 Abs. 2 BewG a.F. auf den Todeszeitpunkt fest. Auf Basis eines Sachverständigengutachtens verlangten die Erben den Ansatz eines niedrigeren gemeinen Werts. Der Gutachter hatte einen Sach- und einen Ertragswert ermittelt, hielt aber nur den Ertragswert für maßgeblich. Das Finanzamt setzte den Mittelwert an. Die dagegen gerichtete Klage scheiterte mangels Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts.
Entscheidung
Der BFH widersprach dem, hielt das Gutachten aber nicht für geeignet, den niedrigeren Wert zu belegen. Er verwies die Sache zwecks Nachbesserung des Gutachtens zurück.
Hinweis
Der BFH hatte erstmals Gelegenheit, sich detailliert mit den Anforderungen an ein Sachverständigengutachten zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts zu befassen.
Der Nachweis ist erbracht, wenn das Finanzamt oder FG dem Gutachten ohne Einschaltung weiterer Sachverständiger folgen kann. Einem Gutachten, das bei Fehlen bewertungsrechtlicher Sonderregelungen den Vorgaben der WertV entspricht und plausibel ist, ist regelmäßig zu folgen.
Vor allem bei Anwendung des Ertragswertverfahrens ist zu prüfen, ob das Grundstück zu diesem Wert tatsächlich veräußerbar ist. Die WertV sieht stets die Berücksichtigung der Lage auf dem Grundstücksmarkt vor. Dazu muss sich der Gutachter äußern.
Gegengutachten des Finanzamts sollte der Steuerpflichtige nicht akzeptieren, sondern darauf bestehen, dass das Finanzamt darlegt, in welchen Punkten es das Sachverständigengutachten für nicht plausibel hält.
Einen Abschlag vom Bodenwert ist möglich, wenn er sich dem Grunde und der Höhe nach begründen lässt. Er kommt etwa in Betracht, wenn die bau(planungs)rechtlichen Vorgaben für das Grundstück wegen vorhandener Bebauung nicht voll genutzt werden können oder erkennbar beabsichtigt wird, bauliche Änderungen bis hin zum Abbruch vorzunehmen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 3.12.2008, II R 19/08.