Leitsatz

Der Steuerpflichtige trägt gemäß § 146 Abs. 7 BewG die Nachweislast für den niedrigeren gemeinen Wert des Grundstücks. Der Nachweis durch Sachverständigengutachten kann regelmäßig nur durch ein Gutachten des örtlich zuständigen Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken geführt werden.

 

Sachverhalt

M schenkte ihrer Tochter T 1998 einen ⅓ Miteigentumsanteil an einem Geschäftsgrundstück. Das Finanzamt stellte hierfür einen anteiligen Grundstückswert gesondert fest. T beantragte unter Vorlage eines Gutachtens ihres Prozessbevollmächtigten, eines Wirtschaftprüfers, einen niedrigeren gemeinen Wert nach § 146 Abs. 7 BewG anzusetzen. Dem sind FG und BFH nicht gefolgt.

 

Entscheidung

Nach § 146 Abs. 2 bis 5 BewG sind bebaute Grundstücke in einem vereinfachten Ertragswertverfahren zu bewerten. Nach § 146 Abs. 7 BewG ist anstelle des sich danach ergebenden Werts ein niedrigerer Wert festzustellen, wenn der Steuerpflichtige einen niedrigeren gemeinen Wert des Grundstücks nachweist. Dieser Nachweis kann durch einen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zeitnah erzielten Kaufpreis oder durch ein Gutachten des örtlich zuständigen Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken geführt werden[1].

Führt der Steuerpflichtige den Nachweis durch ein Gutachten, so handelt es sich um ein Privatgutachten und damit um ein substantiiertes, urkundlich belegtes Parteivorbringen, das der freien Beweiswürdigung des Gerichts unterliegt. Auf ein Gutachten, das nicht der Gutachterausschuss oder ein Sachverständiger für die Bewertung von Grundstücken erstellt hat, kann der Ansatz eines niedrigeren gemeinen Werts nicht gestützt werden. Mit der Nachweislast gemäß § 146 Abs. 7 BewG obliegt es dem Steuerpflichtigen, den Nachweis so zu führen, dass ihm das FG ohne weiteres folgen kann. Dieses Ziel würde verfehlt, wenn Gutachten anderer Personen für den Nachweis durch den Steuerpflichtigen zugelassen würden, weil das FG sich zu deren Überprüfung dann doch eines Sachverständigen bedienen müsste. Den Steuerpflichtigen träfe im Ergebnis entgegen der gesetzlichen Wertung nicht mehr die Nachweislast, sondern allenfalls noch eine Darlegungs- und Feststellungslast.

T hat den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Wertes durch das von ihrem Prozessbevollmächtigten erstellte Gutachten nicht geführt. Sie hat allein mit dem Hinweis auf § 2 Abs. 3 WPO nicht dargetan, dass ihr Prozessbevollmächtigter Sachverständiger für Grundstücksfragen ist.

 

Praxishinweis

Wegen der Nachweislast gemäß § 146 Abs. 7 BewG konnte T im Revisionsverfahren auch nicht geltend machen, das FG habe in Erfüllung seiner Sachaufklärungspflicht den gemeinen Wert des Grundstücks selbst ermitteln müssen. Da der Steuerpflichtige danach stets auf den Kosten für ein Gutachten "sitzen bleibt", lohnt sich dieses nur, wenn sicher ist, dass der gemeine Wert so deutlich unter dem vom Finanzamt angesetzten Wert liegt, dass die auf den Minderungsbetrag entfallende (Erbschaft-)Steuer mindestens die Gutachtenkosten erreicht. Rechthaberei kann teuer werden.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 10.11.2004, II R 69/01

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