Leitsatz
- Es ist noch nicht geklärt, welche Anforderungen an den Nachweis einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung zu stellen sind und unter welchen Voraussetzungen sich ein Unternehmer auf die Regelung zum Gutglaubensschutz in § 6a Abs. 4 UStG berufen kann.
- Ist die Rechtslage nicht eindeutig, ist über die zu klärenden Fragen im summarischen Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung eines Verwaltungsakts nicht abschließend zu entscheiden.
- Zu den Voraussetzungen, unter denen die Aussetzung der Vollziehung eines Verwaltungsakts von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden kann.
Sachverhalt
U handelte seit 1997 mit hochwertigen Kraftfahrzeugen. In den Streitjahren 2000 und 2001 lieferte er u.a. 79 Fahrzeuge an sechs verschiedene spanische Unternehmen. Er behandelte diese Umsätze als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. Die den Unternehmen erteilten Umsatzsteuer-Identifikationsnummern waren zum Zeitpunkt der Verkäufe gültig. U hatte sich dies vor der Abwicklung der Verkäufe vom Bundesamt für Finanzen nach § 18e UStG bestätigen lassen. Die 79 Fahrzeuge wurden unstreitig tatsächlich nach Spanien verbracht.
Das Finanzamt versagte nach einer Sonderprüfung die Anerkennung als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen mit der Begründung, bei den Erwerbern habe es sich um lediglich rechtlich existente, wirtschaftlich jedoch inaktive Scheinunternehmen gehandelt. Den Antrag des U auf Aussetzung der Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide lehnten sowohl das Finanzamt als auch das FG ab. U legte Beschwerde beim BFH ein.
Entscheidung
Die Beschwerde führt zur Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide in der beantragten Höhe, allerdings gegen Sicherheitsleistung.
Eine innergemeinschaftliche Lieferung ist u.a. dann gegeben, wenn
- der Unternehmer oder sein Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
- der Abnehmer ein Unternehmer ist, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat, und
- der Erwerb des Gegenstands der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt.
Nach § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG hat der Unternehmer die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG nachzuweisen. Dafür sieht § 17a Abs. 1 UStDV den sog. Belegnachweis vor, dass in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde. Ferner verlangt § 17c Abs. 1 UStDV den sog. Buchnachweis der Voraussetzungen der Steuerbefreiung einschließlich Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, kann die Lieferung nach der Gutglaubensschutzregelung in § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG gleichwohl als steuerfrei anzusehen sein.
Der BFH verwies darauf, dass die Voraussetzungen von § 6a Abs. 3 und Abs. 4 UStG noch nicht abschließend geklärt – und damit nicht im summarischen Aussetzungsverfahren abschließend zu entscheiden – sind. Das ist Sache der Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH und der Revisionsverfahren beim BFH.
Allerdings war die Aussetzung der Vollziehung von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen. Damit sollen Steuerausfälle bei einem für den Steuerpflichtigen ungünstigen Verfahrensausgang vermieden werden. Davon, dass mit Gewissheit oder großer Wahrscheinlichkeit ein für den Antragsteller günstiger Prozessausgang zu erwarten ist, kann nicht ausgegangen werden.
Praxishinweis
Der veröffentlichte Beschluss soll darauf hinweisen, dass die – vor dem EuGH und dem BFH – anhängige Problematik nicht im summarischen vorläufigen Rechtsschutz entschieden werden kann. Dies war von Verfahrensbeteiligten zunehmend angestrebt worden. Mit den ersten "geeigneten" Entscheidungen dürfte jedenfalls umgehend zu rechnen sein.
Link zur Entscheidung
BFH-Beschluss vom 25.11.2005, V B 75/05