Leitsatz
Eine Werkzeugmaschine wird nicht bereits durch das Einschalten in Gebrauch genommen ("Leerlaufbetrieb"), sondern erst dadurch, dass mit ihr Gegenstände bearbeitet werden.
Sachverhalt
Eine GmbH beantragte Investitionszulage für eine Ende 2002 gelieferte Drehmaschine. Da die Maschine ein Typenschild des Jahrs 2001 aufwies und im Dezember 2002 bei 295 Betriebsstunden eine Ingangsetzung und Personaleinweisung protokolliert worden war, wurde die Zulage versagt. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das FG entschied, nach einem unschädlichen 4-tägigen Dauertest und einem ebenso unschädlichen Anfahren der Maschine zum Erhalt der Funktionsfähigkeit und für Probeläufe des Käufers verblieben etwa 175 Betriebsstunden. Ob die Maschine mechanisch in Gang gesetzt worden sei, könne offen bleiben, denn bereits die Nutzung des elektronischen Teils bewirke eine zulagenschädliche Ingebrauchnahme. Die Neuheit werde durch eine Ingebrauchnahme bereits dann beseitigt, wenn diese nur Teilfunktionen des Wirtschaftsguts betreffe.
Entscheidung
Der BFH zeigte sich großzügiger und widersprach dem FG. Im zweiten Rechtsgang hat das FG zu prüfen, ob die Maschine einen (nicht völlig unerheblichen) "Vollbetrieb" erreicht hat. Die Feststellungslast für die Voraussetzungen der Neuheit trägt die GmbH.
Kommentar
Praxishinweis
Das InvZulG fördert Investitionen in neue bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Die Beschränkung auf neue Wirtschaftsgüter soll die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebsstätten im Fördergebiet verbessern und ausschließen, dass mehrere Personen die Fördervoraussetzungen erfüllen. Andere Rechtsgebiete verwenden andere Kriterien, so wird z.B. die Fabrikneuheit eines Neuwagens im Kaufvertragsrecht bereits durch eine mehr als einjährige Lagerzeit beseitigt. Eine Sache ist nicht mehr neu, wenn sie benutzt oder sonst in Gebrauch genommen oder auf andere Weise verwendet wurde. Unschädlich sind aber Erprobungen, Ingangsetzungen zur Herstellung und zum Erhalt der Funktionsfähigkeit sowie (vereinzelte und kurze) Vorführungen für potenzielle Kunden. In der Praxis bleibt vielfach eine "Grauzone", die eine wertende Betrachtung im Einzelfall verlangt. Der Gesetzeszweck wird auch bei einer eher großzügigen Prüfung gewahrt. Grundsätzlich geklärt ist nun, dass die Nutzung von Teilfunktionen einer multifunktionalen Maschine deren Neuheit nur beseitigt, wenn damit wenigstens eine ihrer Zwecke erfüllt wird.
Die frühere Zugehörigkeit des Wirtschaftsguts zum Anlagevermögen eines anderen Betriebs steht der Neuheit ebenfalls entgegen.
Link zur Entscheidung
BFH, 7.4.2011, III R 13/08.