Leitsatz

Nichtiger Beschluss über "generelles Haustierhaltungsverbot"; Haustierhaltung auch von der Verfassung geschützt

 

Normenkette

§§ 13, 15 WEG; Art. 2, 14 GG; § 134 BGB

 

Kommentar

  1. Ein generelles Haustierhaltungsverbot ist einem Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer nicht zugänglich. Die Beschlussnichtigkeit ergibt sich daraus, dass ein solches geregeltes generelles Haustierhaltungsverbot gegen §§ 13 Abs. 1, 15 Abs. 2 WEG verstößt und daher gem. § 134 BGBnichtig ist. § 13 Abs. 1 WEG stellt zwingendes Gesetzesrecht dar.
  2. Zu den herkömmlichen soziokulturellen Vorstellungen im Geltungsbereich des WEG gehört auch die Haustierhaltung jedenfalls dann, wenn mit ihr keinerlei Nachteile für die anderen Wohnungseigentümer verbunden sind. Somit gehört diese auch zum Wesensgehalt des Sondereigentums, das unter dem die Auslegung der zivilrechtlichen Vorschriften beeinflussenden Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG steht. Weiterhin gehört die grundsätzliche Tierhaltung auch zu der durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten freien Entfaltung der Persönlichkeit, weshalb ein absolutes Verbot jeglicher Haustierhaltung ausgeschlossen ist. Ein generelles Tierhaltungsverbot ist vor diesem Hintergrund zugleich unverhältnismäßig, weil es auch Tiere umfasst, von denen keinerlei Beeinträchtigungen oder Gefährdungen zu befürchten sind, weil sie den Bereich des Sondereigentums schon nicht verlassen und von ihnen weder Geräusch- noch Geruchsbelästigungen ausgehen können (z. B. Zierfische, Kanarienvögel, Schildkröten usw.). Ein solches Verbot ist auch deshalb unverhältnismäßig, weil andere Mittel der Hausordnung zur Verfügung stehen, um Belästigungen jedenfalls zu mindern, beispielsweise eine art- oder zahlenmäßige Einschränkung der Haustierhaltung.
 

Link zur Entscheidung

Saarländisches OLG, Beschluss vom 02.11.2006, 5 W 154/06OLG Saarbrücken v. 2.10.2006, 5 W 154/06-51, NZM 5/2007, 168 = ZMR 4/2007, 308

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