Leitsatz
Eine Anzeige ist i.S. des §16 Abs.5 GrEStG ordnungsgemäß, wenn der Erwerbsvorgang innerhalb der Anzeigefristen dem Finanzamt in einer Weise bekannt wird, dass es die Verwirklichung eines Tatbestands nach §1 Abs.2, 2a und 3 GrEStG prüfen kann. Aufgrund eines innerhalb der Anzeigefrist zu stellenden Fristverlängerungsantrags können noch fehlende Angaben binnen einer vom Finanzamt zu setzenden angemessenen Frist nachgereicht werden.
Sachverhalt
Gesellschafter einer GmbH mit Grundbesitz waren A und B. Am 3.6.2002 vereinbarten diese, dass B seine Geschäftsanteile treuhänderisch für A hält. Diesen Vertrag zeigte der beurkundende Notar am 12.8.2002 und A am 30.12.2002 beim Finanzamt an. A und B hoben den Treuhandvertrag am 6.5.2003 auf. Das Finanzamt stellte die Besteuerungsgrundlagen gesondert fest und lehnte die Anwendung des §16 Abs.1 GrEStG unter Berufung auf §16 Abs.5 GrEStG wegen nicht ordnungsgemäßer Anzeige ab.
Entscheidung
- Der Treuhandvertrag führte zur Steuerpflicht nach §1 Abs.3 Nr.1 GrEStG, weil A hierdurch einen Anspruch auf Übertragung der für ihn von B treuhänderisch gehaltenen Anteile erworben hat und die Übertragung der Anteile eine Vereinigung aller Anteile der GmbH in der Hand des A bewirken würde.
- Die Aufhebung des Treuhandvertrags kann hier nur dann zur Anwendung des §16 GrEStG wegen Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs führen, wenn dieser ordnungsgemäß angezeigt wurde. Hierzu bedarf es einer fristgerechten Anzeige an das zuständige Finanzamt, durch die die einwandfreie Identifizierung von Veräußerer, Erwerber, Urkundsperson und gegebenenfalls Gesellschaft ermöglicht wird und der die in §18 Abs.1 Satz2 bzw. §19 Abs.4 Satz2 GrEStG genannten Abschriften beigefügt werden. Der Bezeichnung der Grundstücke nach Grundbuch, Kataster, Straße und Hausnummer oder Angaben zur Größe des Grundstücks und bei bebauten Grundstücken zur Art der Bebauung können nachgeholt werden, wenn innerhalb der Anzeigefrist ein entsprechender Fristverlängerungsantrag gestellt wurde. Wurde die Anzeigefrist versäumt, kommt regelmäßig weder eine rückwirkende Fristverlängerung noch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht.
Zwar wurde im Streitfall die Anzeigefrist nicht gewahrt, die Anwendung des §16 Abs.5 GrEStG scheidet aber hier aus Vertrauensschutzgesichtspunkten aus, weil die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Anzeige bislang ungeklärt waren und den Anzeigepflichtigen die Notwendigkeit eines Fristverlängerungsantrags nicht bekannt sein konnte.
Praxishinweis
Die Entscheidung ist vor allem für die notarielle Praxis von großer Bedeutung. Die Einhaltung der Frist ist in den Fällen, in denen der Erwerbsvorgang größeren Grundbesitz – möglicherweise auf verschiedenen Beteiligungsebenen – betrifft, häufig schwierig. Hier reicht innerhalb der Zweiwochenfrist die "abgespeckte" Anzeige, verbunden mit dem Fristverlängerungsantrag. Die Frist muss von den Notaren wie alle anderen Notfristen überwacht werden.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 20.01.2005, II B 52/04BFH-Beschluss vom 20.1.2005, II B 52/04