Leitsatz (amtlich)
Verzichtet der alleinige Gesellschafter einer GmbH wegen verschlechterter Gewinnsituation der Gesellschaft auf das vereinbarte Geschäftsführergehalt, jedoch nicht auf die ihm zugesagte Gewinntantieme, so führt die "stehen gelassene" Tantieme jedenfalls dann zur Annahme einer vGA, wenn sie weder zeitlich noch betragsmäßig begrenzt wird.
Sachverhalt
Die Klägerin, eine 1977 gegründete GmbH, zahlte ihrem Geschäftsführer G, der auch ihr alleiniger Gesellschafter war, für dessen Tätigkeit zunächst ein monatliches Festgehalt von 7500 DM und eine Gewinntantieme. Ab 1.7.1990 wurde der Anstellungsvertrag vor dem Hintergrund der verschlechterten wirtschaftlichen Entwicklung durch einen neuen Vertrag ersetzt. G erhielt nach diesem Vertrag, der mit einer Frist von drei Monaten zum Ende des Geschäftsjahres von beiden Vertragspartnern gekündigt werden konnte, keine monatliche Vergütung mehr, sondern nur noch eine Tantieme von 50 % des körperschaftsteuerlichen Einkommens. Im Streitjahr 1992 erzielte die GmbH nach einer Umstrukturierung einen Jahresüberschuss von rd. 1,6 Mio. DM vor Tantieme. Nach einem Verlustabzug von ca. 1,1 Mio. DM blieb ein körperschaftsteuerliches Einkommen von 431 801 DM als Bemessungsgrundlage der Tantieme. Die Klägerin bildete dafür eine Rückstellung von 50% (215 900 DM). Das Finanzamt behandelte diese Rückstellung als verdeckte Gewinnausschüttung. Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab.
Entscheidungsgründe
Nach den vom Senat entwickelten Grundsätzen kann auch eine Gewinntantieme, die die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer zu zahlen verspricht, eine verdeckte Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG sein, wenn sie - dem Grunde und/oder der Höhe nach - nicht dem entspricht, was ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter der Kapitalgesellschaft deren Geschäftsführer als Tätigkeitsentgelt zusagen würde. Daneben kommt die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung dann in Betracht, wenn die Tantiemezahlungen im Einzelfall bei Würdigung aller Umstände die wirtschaftliche Funktion einer Gewinnausschüttung haben. Der Senat hat dies gerade auch für den Fall angenommen, dass eine GmbH mit ihren beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern als Entgelt für die Geschäftsführertätigkeit ausschließlich eine Gewinntantieme vereinbart.
Der Senat hat die Vereinbarung zwischen einer GmbH und ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer über eine sog. Nur-Tantieme nur in besonderen Ausnahmefällen für sachgerecht gehalten. Gemeinhin ist davon auszugehen, dass die Entlohnung des Geschäftsführers auch in festen und regelmäßig zu zahlenden Bestandteilen besteht. Im Streitfall bestehen allerdings Besonderheiten, die es auch im Rahmen der steuerlichen Würdigung zu beachten gilt. Denn die Klägerin war angesichts der aufgelaufenen Verluste in den Jahren nach 1990 und der daraus abgeleiteten Prognosen nicht mehr in der Lage, die mit G im Rahmen des ursprünglichen Anstellungsvertrages getroffenen Vergütungsvereinbarungen zu erfüllen. Infolge dessen entsprach es nicht nur wirtschaftlicher Vernunft, vielmehr auch der besonderen Treuepflicht, der G als Geschäftsführer unterliegt, diese Vergütungsvereinbarungen in angemessener Weise an die wirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen. Die im Streitfall zwischen der Klägerin und G getroffene Vereinbarung über die fortbestehende Gewinnbeteiligung wird diesen Vorgaben indessen nicht gerecht. Ihr fehlt die für die steuerliche Anerkennung erforderliche Veranlassung außerhalb des Gesellschaftsverhältnisses; sie führt letztlich zur Absaugung von Gewinnen. Die hier vereinbarte Erfolgsprämie würde ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter unter den gegebenen Umständen nicht ohne weiteres ausloben. Er würde sich nicht darauf einlassen, bei dem erhofften, aber alsbald nicht erwarteten Eintritt des Erfolges - der wirtschaftlichen Gesundung der GmbH -, die wiedererlangte Leistungsfähigkeit auf Dauer zur Hälfte mit dem Alleingeschäftsführer teilen zu müssen und damit einen Gutteil dieser Leistungsfähigkeit wieder zunichte zu machen. Deshalb würde er, wenn er die Vereinbarung über die Gewinntantieme bestehen ließe, jedenfalls auf eine zeitliche und betragsmäßige Begrenzung hinwirken. Die grundsätzliche - auch kurzfristige - Kündbarkeit des Anstellungsvertrages lässt diese Beurteilung unberührt, wenn der Begünstigte - wie im Streitfall G - die GmbH als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer beherrscht und es letztlich in seinem Belieben steht, ob und wann die Vergütung ihrer Höhe und Zusammensetzung nach an die allgemein geltenden Regeln angepasst wird.
Ist die Zusage sonach bereits dem Grunde nach unüblich, führt sie in vollem Umfang zu einer verdeckten Gewinnausschüttung.
Link zur Entscheidung
BFH vom 27.3.2001 – I R 27/99