Leitsatz
- Bodenrichtwerte, die für erschließungsbeitragspflichtiges Bauland festgelegt wurden, sind auch dann maßgebend, wenn das Grundstück bereits (teil-)erschlossen ist.
- Aus einer Richtwertkarte, die für Grundstücke in einer Richtwertzone eine Preisspanne nennt, kann bei der Ermittlung des Grundbesitzwerts für unbebaute Grundstücke in diesem Gebiet nach § 145 Abs. 3 BewG nur der unterste Wert der angegebenen Wertspanne übernommen werden.
Sachverhalt
Der Gutachterausschuss hatte auf den 31.12.1995 für das zu bewertende, teilerschlossene, aber noch voll beitragspflichtige unbebaute Grundstück einen Richtwert "von 15 bis 30 DM" festgelegt. Dieser Bodenrichtwert bezog sich auf den Zustand "erschließungsbeitragspflichtig". Das Finanzamt stellte den Grundbesitzwert für schenkungsteuerrechtliche Zwecke fest und legte einen Bodenrichtwert von 44 DM/qm, nämlich 30 DM/qm für das unerschlossene Grundstück zuzüglich 14 DM/qm Erschließungskosten, zugrunde. Das FG setzte den Bodenrichtwert dagegen auf Grund eigener Schätzung auf 18 DM/qm herab.
Entscheidung
Nach § 145 Abs. 3 Satz 1 BewG bestimmt sich der Wert unbebauter Grundstücke nach ihrer Fläche und den um 20 % ermäßigten Bodenrichtwerten i.S. von § 196 BauGB. Die Bodenrichtwerte sind verbindlich und einer gerichtlichen Überprüfung regelmäßig nicht zugänglich.
Hat der Gutachterausschuss einen Bodenrichtwert für erschließungsbeitragspflichtiges Bauland festgelegt, ist dieser Richtwert für Grundstücke maßgebend, für die (noch) eine Erschließungsbeitragspflicht besteht. Auf den tatsächlichen Erschließungszustand des Grundstücks kommt es nicht an. Denn die Erschließung wirkt sich erst dann auf den Bodenrichtwert aus, wenn diesbezüglich keine Beitragspflicht mehr besteht. Dies verbietet es, für bereits erschlossenes, aber noch beitragspflichtiges Bauland den in der Richtwertkarte ausgewiesenen Bodenrichtwert für beitragspflichtiges Bauland mit einem Zuschlag für die Erschließung zu versehen.
Soweit die Richtwertkarte im Streitfall eine Preisspanne zwischen 15 und 30 DM/qm vorgibt, ist sie für Zwecke der steuerlichen Bewertung des Grundbesitzes ungeeignet und entspricht nicht § 145 Abs. 3 BewG. Dies rechtfertigt aber keine eigene Schätzung des Bodenrichtwerts durch das FG, selbst wenn die Schätzung sich innerhalb des vorgegebenen Preisrahmens hält. Eine eigene Wertermittlung unterbleibt in diesen Fällen nur bei Ansatz des untersten Werts der angegebenen Preisspanne.
Praxishinweis
Die uneingeschränkte Maßgeblichkeit der vom Gutachterausschuss festgelegten Bodenrichtwerte wirkt sich hier zum Vorteil der Steuerpflichtigen aus. Denn aus einer Richtwertkarte, die für Grundstücke einer Richtwertzone eine Preisspanne nennt, kann nur der unterste Wert der Spanne übernommen werden. Die Finanzverwaltung wird deshalb über ihre Vertreter in den Gutachterausschüssen darauf hinwirken müssen, dass für die Bewertung nach § 145 Abs. 3 BewG geeignete Richtwerte festgelegt werden.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 18.8.2005, II R 62/03