Dipl.-Finanzwirt Helmut Bur
Leitsatz
Hat erst die Belastung mit dem Nutzungsrecht eines Dritten, das bei der Feststellung des Grundbesitzwerts nach § 146 Abs. 2 bis 6 BewG unberücksichtigt bliebe, den zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts nach § 146 Abs. 7 bestimmten Wert ergeben, ist der Nachweis nicht geführt.
Sachverhalt
Die Steuerpflichtigen sind in Erbengemeinschaft Nacherben eines bebauten Grundbesitzes von 16845 qm, der zum Teil an einen Verein (D) für eine Dauer von 77 Jahren verpachtet wurde. Das Finanzamt stellte den Grundbesitzwert für den landwirtschaftlichen Grundbesitz fest und rechnete diesen den Steuerpflichtigen jeweils entsprechend ihrem Anteil am Nachlass gesondert zu. Als Grundbesitzwert setzte das Finanzamt hierbei den Mindestwert nach § 146 Abs. 6 i.V.mit § 145 Abs. 3 BewG an. Im Einspruchsverfahren haben die Steuerpflichtigen ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen vorgelegt. Dieser ermittelte ausgehend von einer für den mit D geschlossenen Pachtvertrag angemessenen Jahrespacht von 270000 DM und einer Restlaufzeit des Pachtvertrags von 71 Jahren einen negativen Ertragswert und insgesamt einen Verkehrswert des Grundbesitzes von 0 DM. Das Finanzamt folgte dem Gutachten nicht.
Bebaute Grundstücke sind für erbschaftsteuerliche Zwecke in einem vereinfachten Ertragswertverfahren zu bewerten. Der danach anzusetzende Wert darf nach § 146 Abs. 6 BewG nicht geringer sein als der Wert, mit dem der Grund und Boden allein als unbebautes Grundstück nach § 145 Abs. 3 BewG zu bewerten wäre. Nach § 146 Abs. 7 BewG ist jedoch ein niedrigerer Grundstückswert festzustellen, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass der gemeine Wert niedriger ist als der nach § 146 Abs. 2 bis 6 BewG ermittelte Wert. Nach Auffassung des BFH gehört die Belastung mit einem un- oder teilunentgeltlichen Nutzungsrecht nicht zur maßgeblichen wirtschaftlichen Einheit des Grundvermögens und ist bei der Bewertung von wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens nicht zu berücksichtigen. Ein vom Steuerpflichtigen zum Nachweis eines geringeren gemeinen Werts vorgelegtes Sachverständigengutachten oder ein nachgewiesener tatsächlicher Kaufpreis kann demgemäß nur dann zur Feststellung eines niedrigeren Werts führen, wenn Gutachten oder Kaufpreis Grundstückswerte ergeben, die mit den Steuerwerten nach § 146 Abs. 2 bis 6 BewG vergleichbar sind. Daher muss auch bei der Anwendung des § 146 Abs. 7 BewG – ebenso wie bei der Regelbewertung nach § 146 Abs. 2 bis 6 BewG – das außerhalb der wirtschaftlichen Einheit des Grundvermögens stehende Nutzungsrecht unberücksichtigt bleiben.
Hinweis
Bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer können wertmindernde Umstände (Belastungen) nur unter den Voraussetzungen des § 10 ErbStG, der hinsichtlich der Bewertung über § 12 ErbStG auch auf die Vorschriften der §§ 138ff. BewG verweist, und unter Beachtung des Abzugsverbots nach § 25 ErbStG berücksichtigt werden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 11.6.2008, II R 71/05.