Leitsatz
- Geht das vom Erbbauberechtigten in Ausübung des Erbbaurechts errichtete Gebäude nach Beendigung des Erbbaurechts entsprechend den Bestimmungen des Erbbaurechtsvertrags entschädigungslos auf den Erbbauverpflichteten über, führt dies beim Erbbauverpflichteten zu einer zusätzlichen Vergütung für die vorangegangene Nutzungsüberlassung.
- Ist der Erbbauverpflichtete Mitunternehmer der erbbauberechtigten Personengesellschaft, handelt es sich bei dem zusätzlichen Nutzungsentgelt um eine Sondervergütung i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.
Sachverhalt
Eine OHG hatte im Jahre 1952 einer KG, an der sie mehrheitlich beteiligt ist, an einem ihr gehörenden Grundstück ein Erbbaurecht bestellt. Das Recht war zunächst auf 30 Jahre befristet, wurde aber später bis zum 31.12.1987 verlängert. Die KG errichtete auf dem Grundstück mehrere Betriebsgebäude, die sie in ihren Jahresabschlüssen aktivierte und auf die Dauer des Erbbaurechts abschrieb. Nach § 7 des Erbbaurechtsvertrags war bei Erlöschen des Erbbaurechts durch Zeitablauf keine Entschädigung für das Bauwerk vom Grundstückseigentümer zu leisten. Vertragsgemäß trat der Heimfall am 31.12.1987 ein. Die OHG sah darin einen gewinnneutralen Vorgang. Finanzamt und -gericht erhöhten dagegen den Gewinn. Dagegen richtet sich die Revision der OHG.
Entscheidung
Auch nach Auffassung des BFH ist der entschädigungslose Übergang des Eigentums an den von der KG als Erbbauberechtigter errichteten Gebäuden auf die OHG bei dieser als Vergütung für die durch den Erbbaurechtsvertrag mit der KG begründete Nutzungsüberlassung zu erfassen. Ebenso wie Erbbauzinsen nach ständiger Rechtsprechung des BFH Entgelt für die Nutzung des Grundstücks sind, können auch Leistungen, die der Erbbauberechtigte beim Heimfall des Erbbaurechts erbringt, wirtschaftlich eine Gegenleistung für die vorherige Nutzung sein. Eine solche Leistung ist auch gegeben, wenn das vom Erbbauberechtigten errichtete Gebäude entschädigungslos auf den Erbbauverpflichteten übergeht; dies gilt auch für den Fall, dass das Eigentum nicht aufgrund eines Heimfallanspruchs, sondern – wie hier – durch Erlöschen des Erbbaurechts wegen Zeitablaufs übergeht, weil zwischen beiden Übergangsvorgängen wirtschaftlich kein Unterschied besteht. Die Leistung des Erbbauberechtigten liegt dabei im Verzicht auf die in § 27 Abs. 1 ErbbauVO vorgesehene Entschädigung.
Als Nutzungsentgelt ist der entschädigungslose Übergang des Eigentums eine Sondervergütung i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, die Gegenstand der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der Gesellschaft ist. Ist die Gesellschafterin ihrerseits eine gewerblich tätige Personengesellschaft (Obergesellschaft), so geht ihr Anteil an dem für die Untergesellschaft einheitlich und gesondert festgestellten "Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft" in ihre Gewinnermittlung ein. Daraus folgt, dass Sondervergütungen für die Überlassung von Wirtschaftsgütern der Obergesellschaft an die Untergesellschaft in der Gewinnermittlung der Obergesellschaft – abgesehen von den hier nicht gegebenen Fällen des § 155 AO – grundsätzlich nur insoweit erfasst werden dürfen, als sie in dem die Untergesellschaft betreffenden Gewinnfeststellungsbescheid enthalten sind. Die Vorentscheidung war deshalb zur Nachholung entsprechender Feststellungen im Gewinnfeststellungsverfahren der KG aufzuheben.
Praxishinweis
Der Verteilung der zusätzlichen Nutzungsentschädigung auf die Dauer des Erbbaurechts steht das handelsrechtliche Realisationsprinzip nicht entgegen. Das träfe nur dann zu, wenn es sich nicht um eine Sondervergütung i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG gehandelt hätte. Sondervergütungen sind dagegen – ohne Rücksicht auf die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung – gleichsam als Korrekturposten in dem Wirtschaftsjahr (oder in den Wirtschaftsjahren) und in der Höhe als Sonderbetriebseinnahmen zu erfassen, in dem (oder in denen) sie den Gesamtgewinn der Gesellschaft gemindert haben.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 11.12.2003, IV R 42/02