Leitsatz (amtlich)
Der Anspruch auf Eigenheimzulage für eine in räumlichem Zusammenhang zur selbst bewohnten Wohnung liegende, unentgeltlich an Angehörige überlassene Wohnung ist nicht durch die für Eheleute geltende Objektbeschränkung in § 6 Abs. 1 Satz 2 EigZulG ausgeschlossen.
Sachverhalt
Die Kläger erwarben 1997 ein Grundstück, das sie im Folgejahr mit einem Wohnhaus bebauten. Das Haus verfügt über zwei abgeschlossene Wohnungen. Eine Wohnung bewohnen die Kläger selbst; die andere Wohnung haben sie der Mutter des Klägers unentgeltlich zu Wohnzwecken überlassen. Die Kläger beantragten für beide Wohnungen eine Eigenheimzulage einschließlich Kinderzulage für ein Kind. Das Finanzamt gewährte die Förderung lediglich für die von den Klägern selbst genutzte Wohnung. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt. Die Revision blieb erfolglos.
Entscheidungsgründe
Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken i.S. von § 4 EigZulG liegt auch vor, soweit eine Wohnung unentgeltlich an einen Angehörigen i.S. von § 15 AO zu Wohnzwecken überlassen wird. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 EigZulG kann der Anspruchsberechtigte die Eigenheimzulage nur für ein "Objekt" in Anspruch nehmen. "Objekte" i.S. dieser Vorschrift sind Wohnungen sowie Ausbauten und Erweiterungen an einer Wohnung.
Ehegatten, bei denen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vorliegen, können die Eigenheimzulage für insgesamt zwei Objekte beanspruchen; dies gilt jedoch nicht gleichzeitig für zwei in räumlichem Zusammenhang belegene Objekte, wenn bei den Ehegatten im Zeitpunkt der Fertigstellung oder Anschaffung der Objekte die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vorliegen.
Im Streitfall hat das Finanzamt für die von den Klägern selbst genutzte Wohnung zutreffend entsprechend dem Antrag der Kläger eine Eigenheimzulage gewährt. Eine gleichzeitige Förderung der unentgeltlich an die Mutter des Klägers zu Wohnzwecken überlassenen Wohnung ist indes - entgegen der Ansicht des Finanzamts - nicht mit Rücksicht auf die Objektbeschränkung des § 6 Abs. 1 Satz 2 EigZulG ausgeschlossen. Diese Vorschrift ist der Vorgängerregelung in § 10e Abs. 4 Satz 2 EStG nachgebildet. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten Ehegatten aufgrund der Neuregelung in § 6 Abs. 1 Satz 2 EigZulG die Förderung wie bisher für zwei Objekte in Anspruch nehmen können. Hieraus hat das FG zu Recht gefolgert, dass der Gesetzgeber nicht beabsichtigte, den Regelungsgehalt der Objektbeschränkung für Eheleute, wie er § 10e EStG zu entnehmen war, in einer für den Steuerpflichtigen nachteiligen Weise auszudehnen. Entsprechend der Gesetzesbegründung zur Vorgängerregelung in § 10e Abs. 4 Satz 2 EStG soll § 6 Abs. 1 Satz 2 EigZulG vermeiden, dass Ehegatten, bei denen im Abzugszeitraum die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung zur ESt vorliegen und die zwei Wohnungen in einem Zwei- oder Mehrfamilienhaus als Familienwohnung nutzen, die Förderung gleichzeitig für beide Wohnungen in Anspruch nehmen können. Eine durch § 6 Abs. 1 Satz 2 EigZulG zu verhindernde missbräuchliche Gestaltung hat der Gesetzgeber somit nur dann gesehen, wenn die künstliche Aufspaltung der ehelichen Wohnung in zwei sich in räumlichem Zusammenhang befindliche Wohnungen eine nicht gerechtfertigte Übersubventionierung bewirkt. Entsprechend diesem Normzweck ist die Überlassung einer in räumlichem Zusammenhang mit der Ehewohnung stehenden weiteren Wohnung an Angehörige nicht in den Anwendungsbereich der Vorschrift einzubeziehen. Es genügt insoweit auch nicht, dass die zweite Wohnung objektiv geeignet wäre, ein zusätzliches Wohnbedürfnis der Eheleute zu decken, wenn, wie im Streitfall, die Wohnung von den Eheleuten tatsächlich nicht genutzt wurde.
Dieses aus der Entstehungsgeschichte und dem Gesetzeszweck abgeleitete Auslegungsergebnis wird zusätzlich dadurch gestützt, dass die Objektbeschränkung nach dem Wortlaut des 2. Halbsatzes des § 6 Abs. 1 Satz 2 EigZulG nur gilt, wenn bei den Ehegatten im Zeitpunkt der Anschaffung des Objekts die Voraussetzungen der Zusammenveranlagung gegeben sind. Führen Eheleute hingegen in zwei sich in räumlichem Zusammenhang befindlichen Wohnungen keine eheliche Lebensgemeinschaft, findet die Objektbeschränkung keine Anwendung. Nichts anderes kann aber gelten, wenn in dem anderen Objekt nicht der getrennt lebende Ehepartner, sondern ein Angehöriger unentgeltlich wohnt.
Link zur Entscheidung
BFH vom 28.6.2002 – IX R 37/01