Leitsatz
Im Rahmen der sog. Öffnungsklausel können in die Prüfung, welche Beiträge oberhalb des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt wurden, nur die tatsächlich geleisteten Beiträge einbezogen werden. Versorgungsanwartschaften eines Beamten bleiben unberücksichtigt.
Sachverhalt
K, seit 1975 als Beamter tätig, konnte aufgrund früherer rentenversicherungspflichtiger Tätigkeit freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung leisten. 2003 wurde er in den Ruhestand versetzt. Bei der Bemessung seines Ruhegehalts wurde der Teil der Rentenbezüge nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 BeamtVG angerechnet, der auf die Beiträge infolge Ks früherer Rentenversicherungspflicht entfiel.
K fordert die Anwendung der Öffnungsklausel. Diese müsse bei Beamten, die neben ihren Pensionen durch Zahlung freiwilliger Beiträge auch Rentenversicherungsanwartschaften begründeten, erweiternd ausgelegt werden, um eine willkürliche Ungleichbehandlung mit Angestellten zu vermeiden. Einspruch, Klage und Revision hatten keinen Erfolg.
Entscheidung
Nach der Öffnungsklausel unterliegen auf Antrag auch Leibrenten i.S.d. Basisversorgung, z.B. Sozialrenten und Renten von Versorgungswerken, der Ertragsanteilsbesteuerung, soweit die Renten auf bis zum 31.12.2004 geleisteten Beiträgen beruhen, die oberhalb des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt wurden. Der Steuerpflichtige muss dabei nachweisen, dass der Höchstbeitrag mindestens 10 Jahre überschritten wurde.
Die Öffnungsklausel kann nicht so ausgelegt werden, dass bei der Berechnung der einzubeziehenden Beiträge neben den tatsächlich geleisteten Beiträgen auch "fiktive" Beiträge zur Beamtenversorgung zu berücksichtigen sind. Gegen eine solche Auslegung sprechen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang und der Zweck der Norm.
Bei der Öffnungsklausel handelt es sich um eine zulässige pauschalierende und typisierende Regelung zur Vermeidung der Doppelbesteuerung. Es wird nicht im konkreten Einzelfall geprüft, ob eine Doppelbesteuerung vorliegt, sie wird vielmehr bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG zugunsten des Steuerpflichtigen gesetzlich vermutet.
Das Erfordernis, mindestens 10 Jahre Beiträge oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze geleistet zu haben, um insoweit zur Ertragsanteilsbesteuerung zu gelangen, ist vor dem Hintergrund der Administrierbarkeit und Praktikabilität dieser Ausnahmevorschrift als verfassungsgemäß anzusehen.
Eine Kürzung der Versorgungsbezüge gem. § 55 BeamtVG ist für die Besteuerung unerheblich.
Für die verfassungsrechtliche Würdigung der Normen des EStG am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG kommt es ausschließlich auf die einkommensteuerliche Belastung an, die diese Normen bei verschiedenen Steuerpflichtigen bewirken.
Link zur Entscheidung
BFH, 18.05.2010, X R 29/09.