Nottestamente möglich
Ordentliche Testamente werden grundsätzlich gemäß § 2231 BGB zur Niederschrift eines Notars errichtet oder durch eine vom Erblasser nach § 2247 BGB abgegebene Erklärung, die eigenhändig geschrieben und unterschrieben sein muss. Doch sieht das Gesetz in dringenden Fällen weitere Möglichkeiten vor, nämlich das Nottestament nach § 2249 Abs. 1 BGB, das in Eilfällen vor dem Bürgermeister der Gemeinde errichtet werden kann, und das sog. 3-Zeugen-Testament bei naher Todesgefahr des Erblassers (§ 2250 Abs. 2 BGB). Doch sind diese außerordentlichen Verfügungen nur in engen Grenzen zulässig, wie eine neue Entscheidung des OLG Hamm verdeutlicht.
Kurz vor dem Tod
Die im Jahr 2014 verstorbene Erblasserin hatte ein Jahr zuvor ein Testament errichtet und ihren Sohn zum Alleinerben eingesetzt. Sie litt vor ihrem Tode an Krebs im Endstadium und wurde in einem Krankenhaus stationär behandelt. 4 Tage vor ihrem Versterben errichtete sie im Krankenhaus in Gegenwart von 3 Zeugen ein sog. 3-Zeugen-Testament, in welchem sie die Erbeinsetzung ihres Sohnes durch eine langjährige Testamentsvollstreckung beschränkte. Nach dem Tode der Erblasserin haben ihr zum Erben bestimmter Sohn und die testamentarisch vorgesehene Testamentsvollstreckerin im Verfahren auf Erteilung eines Erbscheins darüber gestritten, ob die Testamentsvollstreckung durch das 3-Zeugen-Testament wirksam angeordnet wurde.
Anforderungen
Nach Ansicht des OLG Hamm ist das 3-Zeugen-Testament nicht wirksam errichtet worden und damit keine Testamentsvollstreckung eingetreten. Gemäß § 2250 Abs. 2 BGB sei ein derartiges Testament u. a. nur dann wirksam, wenn sich der Testierende in so naher Todesgefahr befinde, dass ein ordentliches Testament weder vor einem Notar noch gemäß § 2249 BGB ein Nottestament vor einem Bürgermeister errichtet werden könne. Die Todesgefahr müsse tatsächlich vorliegen oder zur Überzeugung aller 3 Testamentszeugen bestehen. Der Todesgefahr gleichgestellt sei die Gefahr einer drohenden Testierunfähigkeit.
Nottestament unwirksam
Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe jedenfalls einer der 3 Testamentszeugen bei der Errichtung des Testaments nicht angenommen, dass sich die Erblasserin in akuter Todesgefahr befunden habe. Es gebe auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass sich die Erblasserin bei der Testamentserrichtung tatsächlich in Todesgefahr oder in einer Gefahr eintretender Testierunfähigkeit befunden habe. Insoweit sei es nicht ausreichend, wenn ein Erblasser wegen einer fortgeschrittenen, nicht (mehr) heilbaren Erkrankung nur noch kurze Zeit zu leben habe. Entscheidend sei, dass der Tod des Erblassers aufgrund konkreter Umstände vor dem Eintreffen eines Notars zu befürchten sei.
(OLG Hamm, Beschluss v. 10.2.2017, 15 W 587/15)