Rz. 922

Das Teilnahmerecht an der Generalversammlung ist vom Ansatz her auf den Kreis der Genossenschaftsmitglieder beschränkt. Allerdings verfährt das Genossenschaftsgesetz hier nicht sehr streng. Gäste können somit zugelassen werden. Hierüber entscheidet der Versammlungsleiter. Im Streitfall kann er einen Geschäftsordnungsbeschluss der Generalversammlung herbeiführen.

 

Rz. 923

In der Praxis werden Gäste nicht selten zugelassen. Oft ist es geradezu üblich, dass Vertreter der örtlichen Presse zugelassen werden. Dieser Aspekt ist dann zu überdenken, wenn es um höchst streitige Versammlungsgegenstände geht, wie z. B. die Abberufung von Organmitgliedern oder wenn Straftaten Gegenstand der Erörterungen und Beschlussfassung sind. Hier kann es im Interesse der eG geboten sein, die Presse nicht beizuziehen. Eine Verpflichtung der eG, die Presse zuzulassen besteht jedenfalls nicht, und zwar unter keinem denkbaren Umstand.

 

Rz. 924

In manchen (oft kleineren) Wohnungsgenossenschaften, mit z. B. eher familiärer Grundstruktur, werden hin und wieder auch Familienangehörige von Genossenschaftsmitgliedern, die selbst aber keine Mitgliedschaft innehaben, in der Versammlung geduldet. Auch hiergegen ist prinzipiell nichts einzuwenden.

Personen, die nicht Mitglied in der Genossenschaft sind, haben jedoch kein Recht auf Zulassung zur Versammlung.

 

Rz. 925

Wichtig ist hierbei auch, dass bei den Abstimmungen sichergestellt wird, dass niemand mit abstimmt, der nicht auch Mitglied in der eG ist. Das bedeutet, dass in der Regel schriftlich abgestimmt werden muss oder bei offener Abstimmung wenigstens mit Stimmkarten, sodass die Auszählenden feststellen können, wer stimmberechtigt ist und wer nicht. Von einer solchen Handhabung kann jederzeit auch wieder abgewichen werden.

 

Rz. 926

Letztlich ist der Versammlungsleiter befugt, über die Zulassung von Gästen, welcher Art auch immer, zu entscheiden. Soweit es sich um den Berater eines Mitglieds handelt (z. B. einen Rechtsanwalt, einen Steuerberater oder einen sonstigen Beistand), kann sich im Einzelfall ein Recht auf Zulassung der fremden Person ergeben. Dies ist dann der Fall, wenn das betreffende Genossenschaftsmitglied ein berechtigtes Interesse hieran geltend machen kann, etwa weil es sich in der Versammlung gegen schwere Vorwürfe verteidigen muss.

Hier muss der Versammlungsleiter nach pflichtgemäßem Ermessen über die Zulassung der fremden Person entscheiden. Er muss eine Abwägung aller Argumente, die dafür oder dagegen sprechen, vornehmen. Das Verlangen des Mitglieds auf Zulassung eines persönlichen Beraters zur Versammlung muss jedenfalls auf sachlich nachvollziehbaren Umständen beruhen. Sofern es in der Generalversammlung um schwierige Fragen, die mit dem betroffenen Genossenschaftsmitglied zusammenhängen, geht, wird die pflichtgemäße Ermessensausübung im Regelfall wohl eher in Richtung einer Zulassung von Fachberatern tendieren müssen. Will das betreffende Genossenschaftsmitglied allerdings einen Rechtsanwalt aus strategischen Gründen zur Ausübung von "Druck" auf andere Versammlungsteilnehmer mitbringen, weil es z. B. einen persönlichen Konflikt mit einem anderen Teilnehmer oder mit den Mitgliedern von Vorstand und Aufsichtsrat austragen möchte, dann wird man die Zulassung des fremden Dritten auch verneinen dürfen, vielleicht sogar müssen. Durch die Anwesenheit eines Rechtsanwalts kann der ordnungsgemäße Ablauf der Versammlung erheblich gestört werden, insbesondere wenn der Rechtsanwalt nicht angemessen auftritt. In einer solchen Lage wäre es allerdings wiederum auch möglich, die betreffende Person aus dem Saal zu weisen.

 

Rz. 927

Ein Grundproblem bei der Teilnahme Dritter besteht in der möglichen "Befangenheit" der anderen Teilnehmer. Daher ist dieser Punkt heikel. Die übrigen Genossenschaftsmitglieder haben ein legitimes Interesse daran, "unter sich" zu bleiben und im Raum zumindest eines gewissen Vertrauens agieren zu können. Die Gefahr, dass der Verlauf der Versammlung durch die Teilnahme von Dritten gestört werden könnte, sowie die Behandlung geheimhaltungsbedürftiger Beschlussgegenstände können den Versammlungsleiter im Einzelfall zum Ausschluss der fremden Dritten von der Versammlung geradezu verpflichten. Bestehen hierüber Unklarheiten, so kann, wie schon erwähnt, der Versammlungsleiter auch einen sog. Geschäftsordnungsbeschluss der Generalversammlung über diese Frage herbeiführen. Verpflichtet hierzu ist er allerdings nicht. Denn er hat nach der hier vertretenen Ansicht ein Ermessen, die Versammlung zu gestalten. Holt er das Votum der Generalversammlung allerdings ein, dann ist er hieran auch gebunden.

Dieser Inhalt ist unter anderem im WohnungsWirtschafts Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?