Leitsatz
Die Parzellierung und Veräußerung land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundstücke ist grundsätzlich Hilfsgeschäft eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs und nicht Gegenstand eines selbständigen gewerblichen Grundstückshandels. Dies gilt unabhängig von der Größe des Areals, der Anzahl der Parzellen und der Höhe des Gewinns. Ein selbständiger gewerblicher Grundstückshandel ist nur bei Aktivitäten anzunehmen, die über die Parzellierung und Veräußerung hinausgehen und darauf gerichtet sind, den Grundbesitz zu einem Objekt anderer Marktgängigkeit zu machen.
Sachverhalt
Der Kläger bewirtschaftet einen landwirtschaftlichen Betrieb, den er durch vorweggenommene Erbfolge unentgeltlich von seinem Vater erhalten hat. Anfang 1990 beschloss die Gemeinde S, ein neues Baugebiet auszuweisen, das auch Grundstücke des Landwirts umfassen sollte. In den Folgejahren wurde dieser Planentwurf durch die Einflussnahme des Klägers mehrfach geändert. Nach Rechtskraft des Bebauungsplans veräußerte der Landwirt von Mai bis September 1995 insgesamt 59 Baugrundstücke. Für die Veräußerungsgewinne bildete er Rücklagen nach § 6b EStG, die das Finanzamt wegen Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels nicht anerkannte. Auf seinen hilfsweise gestellten Antrag, die Grundstücke mit dem Teilwert in das Betriebsvermögen des unterstellten gewerblichen Grundstückshandels zu überführen, erhöhte das Finanzamt den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft um die durch die Entnahme zum Teilwert realisierten Gewinne. Einspruch und Klage mit dem Vortrag, die Grundstücksveräußerung sei ein landwirtschaftliches Hilfsgeschäft, blieben erfolglos.
Entscheidung
Der BFH hat einen gewerblichen Grundstückshandel verneint, weil die Veräußerung von Grundstücken aus dem Anlagevermögen eines landwirtschaftlichen Betriebs als Hilfsgeschäft der landwirtschaftlichen Betätigung – unabhängig von der Größe des betroffenen Grundbesitzes – grundsätzlich zu Einnahmen aus Land- und Forstwirtschaft führt. Erst wenn der Landwirt eine über die Parzellierung und Veräußerung hinausgehende Aktivität entfaltet, insbesondere die Aufstellung eines Bebauungsplans betreibt oder sich aktiv an der Erschließung des bisher landwirtschaftlich genutzten Areals als Baugelände beteiligt, sind Grundstücksveräußerungen keine landwirtschaftlichen Hilfsgeschäfte mehr, sondern Gegenstand eines selbständigen gewerblichen Grundstückshandels. Solche Aktivitäten sind nicht gegeben, wenn der Bebauungsplan ohne Zutun des Klägers aufgestellt wird und seine Beteiligung im Rahmen der Rechte der planungsbetroffenen Grundstückseigentümer nach § 3 Abs. 1 BauGB bleibt, was bei wiederholter Vorsprache bei den "Entscheidungsträgern" der Gemeinde, bei Vorlage eigener Planungsentwürfe und der Anregung, die Erschließung in Teilabschnitten vorzunehmen, der Fall ist. Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob der Kläger seine Einwendungen gegen die Bebauungspläne mündlich bzw. schriftlich vorträgt oder sich zur besseren Verdeutlichung eigener Planungsentwürfe bedient. Dies gilt umso mehr, wenn die Entwürfe – wie im Streitfall – nicht zur Änderung der gemeindlichen Planung führen und der Steuerpflichtige keine kommunalen Aufgaben übernimmt, sondern lediglich – wenn auch sehr zielbewusst – im Rahmen seiner Mitwirkungsrechte tätig wird. Mit der bloßen Übernahme von Kosten der Planung und Erschließung wird kein gewerblicher Grundstückshandel begründet. Von dieser Unterscheidung geht auch die Finanzverwaltung bei der Abgrenzung der privaten Vermögensverwaltung vom gewerblichen Grundstückshandel beim Abschluss städtebaulicher Verträge aus. Der Kostenübernahme gleichzustellen ist die Bereitstellung von Ausgleichsflächen für Belange des Naturschutzes und der Abwasserentsorgung.
Praxishinweis
Einen gewerblichen Grundstückshandel von Landwirten hat der BFH u.a. angenommen, wenn sie selbst einen Bebauungsplan beantragt oder seine Erstellung finanziert haben. Entsprechendes gilt für die Übernahme der Anlage von Straßen und Abwasserkanälen oder der Verlegung von Versorgungsleitungen. Soweit der BFH im Übrigen über die Parzellierung und Veräußerung von Grundstücken hinausgehende Aktivitäten für unschädlich gehalten hat, lässt die vorliegende Entscheidung ausdrücklich offen, ob daran festgehalten wird.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 8.9.2005, IV R 38/03