Leitsatz

Nach § 4 Abs. 1 EG-BeitrG findet die Vollstreckung (nur) auf Antrag der ersuchenden Behörde statt und setzt u.a. voraus, dass diese Behörde einen in ihrem Staat vollstreckbaren Titel in amtlicher Ausfertigung oder beglaubigter Kopie vorlegt. Die Übermittlung des Vollstreckungstitels bzw. dessen Abschriften können auch elektronisch erfolgen.

 

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige ist als Rechtsanwalt in Deutschland und Mallorca geschäftsansässig und Gesellschafter-Geschäftsführer einer spanischen Gesellschaft. Wegen nicht beitreibbarer Steuerschulden dieser Gesellschaft nahm das spanische Finanzamt den Steuerpflichtigen mit Haftungsbescheid vom 19.11.2007 in Anspruch und übersandte in der Folge an das Bundeszentral für Steuern (BZSt) elektronisch per E-Mail ein Beitreibungsersuchen. Der E-Mail war u.a. die Vollstreckungsanordnung im PDF-Format angefügt. Das BZSt leitete die E-Mail an das zuständige deutsche Finanzamt weiter.

Gegen die vom Finanzamt ausgebrachten Pfändungen legte der Steuerpflichtige Einspruch ein und macht u.a. geltend, diese seien wegen Mängeln des Beitreibungsersuchen rechtswidrig. Das spanische Finanzamt habe den Schuldtitel nicht elektronisch übermitteln dürfen.

Das Finanzamt wies den Einspruch als unbegründet zurück. Die vom Steuerpflichtigen erhobene Klage hatte ebenfalls keinen Erfolg.

Der BFH entscheidet, dass eine von der ersuchenden Behörde an das BZSt per E-Mail übersandte Datei, die im PDF-Format den Vollstreckungstitel der ersuchenden Behörde wiedergibt, den Anforderungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EG-BeitrG, wonach der ausländische Titel in amtlicher Ausfertigung oder beglaubigter Kopie beigefügt sein muss, genügt. Zwar bestimmt auch Art. 12 Abs. 2 Unterabs. 1 VO Nr. 1179/2008, dass dem Ersuchen um Beitreibung oder um Sicherungsmaßnahmen das Original oder eine beglaubigte Abschrift des Vollstreckungstitels beizufügen ist. Ergänzend stellt Art. 21 Abs. 1 VO Nr. 1179/2008 aber klar, dass die Übermittlung des Vollstreckungstitels und der Abschriften dieser Vollstreckungstitel "elektronisch über das CCN/CSI-Netz" erfolgen soll und solche elektronisch übermittelten Dokumente oder deren Ausdrucke ebenso rechtsverbindlich sind wie postalisch übermittelte Dokumente.

 

Hinweis

Das "CCN/CSI-Netz" ist die gemeinsame Plattform auf der Grundlage des gemeinsamen Kommunikationsnetzes (CCN) und des Interface des gemeinsamen Systems (CSI), die von der Europäischen Gemeinschaft für jegliche elektronische Datenübertragung zwischen den zuständigen Behörden im Bereich Zoll und Steuern entwickelt wurde.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 11.12.2012, VII R 70/11.

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