Dipl.-Finanzwirt (FH) Udo Klingler
Leitsatz
Voraussetzung für die Annahme eines tauschähnlichen Umsatzes ist, dass sich zwei entgeltliche Leistungen gegenüber stehen, die nur durch die Modalität der Entgeltvereinbarung – Tausch – miteinander verknüpft sind. Überlässt der Auftraggeber dem Auftragnehmer Mitarbeiter lediglich zur Durchführung eines konkreten Auftrags (Personalbeistellung), liegt keine sonstige Leistung vor. Die Personalbeistellung ist folglich nicht Teil des Leistungsaustauschs.
Sachverhalt
Einziger Gesellschafter einer GmbH war eine Stadt, der nach Landesrecht als öffentliche Pflichtaufgaben die Abwasserbeseitigung und -behandlung oblagen. Die GmbH wurde nach ihrem Gesellschaftsvertrag zum Zweck der Errichtung, des Erwerbs und des Betriebs von Abwasseranlagen der Stadt gegründet.
Im "Entwässerungsvertrag" beauftragte die Stadt die GmbH mit der Planung, der Finanzierung und dem Bau einer neuen Kläranlage sowie mit deren Betrieb einschließlich Wartung und Instandhaltung. Die öffentliche Abwasserbeseitigungspflicht der Stadt blieb davon unberührt. Es war vereinbart, dass die GmbH ihre Aufgaben grundsätzlich mit eigenem Personal erfüllt; sie war jedoch berechtigt, sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben Dritter zu bedienen. Um die neue von der GmbH erstellte Kläranlage bereits mit den fertig gestellten Bauabschnitten zu betreiben, stellte die Stadt der GmbH stundenweise Personal zur Verfügung. Die Stadt blieb weiterhin deren Arbeitgeberin, war für alle Angelegenheiten aus dem Angestelltenverhältnis zuständig und behielt auch das Weisungsrecht. Die Personalkosten wurden ausschließlich von der Stadt getragen und der GmbH weder in Rechnung gestellt noch anderweitig ihr gegenüber verrechnet. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die Überlassung des Personals sei Bestandteil des steuerbaren Leistungsaustauschs und erhöhte die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer um die von der Stadt zeitanteilig für die Personalüberlassung aufgewandten Lohnkosten.
Der Wert der Überlassung des Personals an die GmbH zur Durchführung des übernommenen Auftrags ist nicht nach Tauschgrundsätzen in die Bemessungsgrundlage der Gegenleistung der Stadt für die von der GmbH ausgeführten Leistungen einzubeziehen. Voraussetzung für die Annahme einer tauschähnlichen Leistung ist, dass sich zwei entgeltliche Leistungen gegenüberstehen, die lediglich durch die Modalität der Entgeltvereinbarung miteinander verknüpft sind. Das bedeutet, dass eine tauschähnliche Leistung, deren Wert Teil des Entgelts für die Leistungen der GmbH an die Stadt ist, nur vorläge, wenn die Überlassung der Arbeitnehmer durch die Stadt an die GmbH als Leistung der Stadt an die GmbH gegen Entgelt beurteilt werden könnte. An einer sonstigen Leistung an einen Leistungsempfänger fehlt es jedoch, wenn dieser über die Verwendung der sonstigen Leistung (hier die Personalgestellung) nicht selbst – unabhängig von Vorstellung und Willen des Überlassenden – bestimmen darf und kann. Vorliegend hat die Stadt der GmbH die Arbeitnehmer ohne hierfür vereinbartes Entgelt zur Durchführung des von ihr erteilten Auftrages überlassen. Damit lag eine nicht steuerbare Personalbeistellung vor.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 6.12.2007, V R 42/06.