Leitsatz

  1. § 60 Abs. 4 EStDV stellt eine wirksame Rechtsgrundlage für die Pflicht zur Abgabe der Anlage EÜR dar.
  2. Wird eine Rechtsverordnung durch den Parlamentsgesetzgeber geändert, braucht das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG nicht befolgt zu werden.
  3. Die Aufforderung zur Einreichung der Anlage EÜR ist ein anfechtbarer Verwaltungsakt.
  4. Weder durch § 60 Abs. 4 EStDV noch durch die Anlage EÜR wird eine neue Form der Gewinnermittlung eingeführt.
  5. Die in § 60 Abs. 4 EStDV enthaltene Pflicht zur Beifügung einer Gewinnermittlung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck ist verhältnismäßig; sie ist insbesondere zur Erreichung der verfolgten Zwecke (Gleichmäßigkeit der Besteuerung, Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens) geeignet.
 

Sachverhalt

E ermittelte seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG. In seiner Steuererklärung wies er darauf hin, dass er die Anlage EÜR nicht beigefügt habe, weil hierfür keine wirksame gesetzliche Grundlage existiere. Stattdessen reichte er eine Einnahmen-Überschussrechnung ein, die er mithilfe der DATEV-Software erstellt hatte. Mit seiner gegen die Aufforderung des Finanzamts zur Nachreichung der Anlage gerichteten Klage hatte E vor dem FG Erfolg, nicht aber vor dem BFH.

 

Entscheidung

Es bedarf keines Gesetzes, um die Pflicht zur Abgabe der Anlage EÜR wirksam zu begründen. § 60 Abs. 4 EStDV hat in § 51 Abs. 1 Nr. 1 lit. a EStG eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage, da die beiden dort genannten Zwecke erfüllt sind. Die Standardisierung führt zu besseren Kontroll- und Vergleichsmöglichkeiten der Finanzverwaltung und trägt damit zur Gleichmäßigkeit der Besteuerung bei.

Die Pflicht zur Abgabe der Anlage EÜR verstößt nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die Geeignetheit ist aufgrund der Vorteile einer maschinellen Prüfung bei den routinemäßig durchzuführenden Plausibilitätskontrollen zu bejahen. Ein milderes Mittel liegt auch nicht in der von E vorgeschlagenen Verwendung der DATEV-Daten, da die Finanzverwaltung nicht einen bestimmten Anbieter bevorzugen darf und die dadurch notwendige Gestattung elektronischer Einnahmen-Überschussrechnungen anderer privater Anbieter zu einem unverhältnismäßigen Programmieraufwand für die Finanzverwaltung führen würde. Vor dem Hintergrund, dass die Gleichmäßigkeit der Besteuerung sichergestellt sowie eine effektive Verwaltung gewährleistet werden soll, kann auch die (Mehr-)Belastung des Steuerpflichtigen als angemessen angesehen werden. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Softwareanbieter ihre Systeme der Anlage EÜR angleichen oder zumindest automatisierte Umschlüsselungsfunktionen anbieten.

 

Kommentar

Praxishinweis

Bei der Aufforderung, die Anlage EÜR einzureichen, handelt es sich um einen anfechtbaren Verwaltungsakt. Dagegen ist die bloße Erinnerung an die Befolgung einer früheren Aufforderung zur Einreichung von Unterlagen mangels Regelungsgehalts kein Verwaltungsakt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, 16.11.2011, X R 18/09.

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