Leitsatz (amtlich)

Ein selbständig tätiger Verkehrsflugzeugführer erzielt in der Regel Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

 

Sachverhalt

Der Kläger war im Streitjahr 1991 als Co-Pilot tätig. In einem Vertrag mit einer Fluggesellschaft verpflichtete er sich, für die Zeit vom 16.5. bis zum31.12.1991 eine Boeing als Co-Pilot während einer Flugzeit von 500 Stunden zu führen. Zur Führung des betreffenden Flugzeugtyps war der Kläger aufgrund einer in Großbritannien erworbenen und vom Luftfahrt-Bundesamt anerkannten Lizenz berechtigt. Als Entgelt erhielt er 110 DM/Std. zuzüglich Spesen. Weitere Ansprüche hatte der Kläger nicht, insbesondere hatte er keinen Anspruch auf bezahlten Urlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Sozialversicherungsbeiträge wurden nicht abgeführt. Der Kläger machte geltend, er sei freiberuflich tätig gewesen. Seine Tätigkeit sei mit der eines Lotsen oder Ingenieurs vergleichbar. Er müsse ein technisch kompliziertes System beherrschen und habe eine Ausbildung, die mindestens der eines Flugingenieurs entspreche. Dies zeige sich u.a. darin, dass ein Pilot im modernen Zwei-Mann-Cockpit die Tätigkeit eines Flugingenieurs mit übernehmen müsse. Das FG gab der Klage statt[1]. Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab.

 

Entscheidungsgründe

Der Kläger ist selbständig tätig. Die Beteiligten und das FG sind zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger nicht Arbeitnehmer der Fluggesellschaft ist.

Der Kläger übt als Pilot keinen freien Beruf aus. Der Beruf des Piloten ist im Katalog des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht genannt. Neben den dort ausdrücklich genannten Berufen gehören zur freiberuflichen Tätigkeit auch die diesen Katalogberufen ähnlichen Berufe. Ein Beruf ist einem Katalogberuf ähnlich, wenn er in wesentlichen Punkten mit diesem verglichen werden kann. Dazu gehört die Vergleichbarkeit der Ausbildung und der beruflichen Tätigkeit. Danach ist der Beruf eines Piloten nicht vergleichbar mit dem Beruf eines Ingenieurs. Ingenieur i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ist nach ständiger Rechtsprechung seit In-Kraft-Treten der Ingenieurgesetze der Länder nur noch, wer das Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule, einer Fachhochschule oder einer Ingenieurschule oder den Betriebsführerlehrgang an einer Bergschule abgeschlossen hat[2]. Wer geltend macht, einen dem Ingenieur ähnlichen Beruf auszuüben, muss deshalb nachweisen, dass er Kenntnisse auf dem Gebiet des Ingenieurwesens hat, die in der Breite und Tiefe denjenigen entsprechen, die ein Absolvent einer Hochschule oder Fachhochschule erworben hat[3]. Außerdem muss er in mindestens einem Kerngebiet des Ingenieurwesens praktisch tätig sein.

Der Kläger hat nicht vorgetragen, ein Studium auf dem Gebiet des Ingenieurwesens abgeschlossen zu haben. Er behauptet auch nicht, die Kenntnisse einer der Fachrichtungen des Ingenieurwesens i.S. der Ingenieurgesetze durch Selbststudium erworben zu haben. Vielmehr beruft er sich allein darauf, den Kernbereich der Kenntnisse zu besitzen, die auch ein Flugingenieur i.S. der LuftPersV[4] besitzen muss. Indessen ist ein dem Flugingenieur ähnlicher Beruf nicht mehr ein dem Ingenieur i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ähnlicher Beruf. Diesen Begriff erfüllt seit Bestehen der gesetzlichen Regelungen der Länder über das Berufsbild des Ingenieurs nur noch ein Beruf, der den Erwerb des Basiswissens der Ingenieurwissenschaften durch ein Studium voraussetzt. Dies gilt für den Beruf des Flugingenieurs jedenfalls nicht mehr seit In-Kraft-Treten der Zweiten Verordnung zur Änderung der LuftPersV vom 30.11.1988[5]. Denn damit entfiel das Erfordernis des erfolgreichen Besuchs einer Fach- oder wissenschaftlichen Hochschule mit einschlägiger Fachrichtung nach § 58 Abs. 1 Nr. 6 LuftPersV als zwingende fachliche Voraussetzung für den Beruf des Flugingenieurs. Die Hochschulausbildung kann seither gemäß § 58 Abs. 5 Halbsatz 2 LuftPersV durch die bestandene Prüfung zum Verkehrsflugzeugführer nach § 15 LuftPersV ersetzt werden. Ein Flugingenieur erfüllt danach nur noch dann die Voraussetzungen eines Ingenieurs i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG, wenn er tatsächlich eine Hoch- oder Fachhochschule der Ingenieurwissenschaften erfolgreich absolviert hat. Dies gilt in gleicher Weise auch für einen Piloten. Er kann ebenfalls nur dann einen ingenieurähnlichen Beruf ausüben, wenn er zuvor ein entsprechendes Studium erfolgreich abgeschlossen oder aber entsprechende Kenntnisse im Selbststudium erworben hat. Beide Voraussetzungen werden vom Kläger nicht erfüllt, so dass dahinstehen kann, ob die Ausübung des Pilotenberufs eine dem Ingenieurberuf ähnliche Tätigkeit ist. Der Kläger übt auch keinen dem Beruf des Lotsen ähnlichen Beruf aus.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 16.5.2002 – IV R 94/99

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