Sturz der Briefzustellerin

Eine Briefzustellerin hatte an einem Februarnachmittag bei Schneefall Mühe, zu dem Haus der Beklagten zu gelangen. Der gesamte Bereich der Garageneinfahrt und des Zugangsweges für Fußgänger war mit Schnee bedeckt. Nachdem sie eine Postsendung in den Briefkasten an der Außenwand des Gebäudes geworfen hatte, stürzte sie auf dem Rückweg zu ihrem Fahrzeug und zog sich dabei schwerwiegende Verletzungen zu. Sie verklagte die Hauseigentümerin auf Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht, da Zugangsweg und Einfahrt zum Zeitpunkt des Unfalls nicht geräumt und nicht gestreut gewesen seien.

Keine Pflichtverletzung

Doch auch das OLG Karlsruhe gab der Klage keine Chance. Eine Pflichtverletzung lasse sich trotz eingehender Beweisaufnahme nicht feststellen. So konnte bereits die Sturzstelle auf dem Grundstück nicht exakt lokalisiert werden. Auch ließ sich nicht sicher klären, ob auch der Bereich des Fußwegs von Schnee bedeckt war oder ob dieser Bereich zum Zeitpunkt des Unfalls geräumt und mit Splitt gestreut war.

Grundsätze

Grundsätzlich stellte das Gericht anlässlich dieses Falls fest:

  • Der Eigentümer eines Wohnhauses hat im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht grundsätzlich dafür zu sorgen, dass eine Postzustellerin den neben dem Hauseingang befindlichen Wohnungsbriefkasten auch bei Schneefall gefahrlos erreichen kann. Welche Bereiche eines Fußwegs auf dem Grundstück aus diesem Grund zu räumen und abzustreuen sind, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.
  • Stürzt eine Fußgängerin bei Schnee, ist i. d. R. nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises davon auszugehen, dass der Sturz durch Schneeglätte oder durch unter dem Schnee befindliches Eis verursacht wurde. Im Wege des Anscheinsbeweises ist außerdem anzunehmen, dass die Unfallstelle zum Zeitpunkt des Sturzes nicht hinreichend geräumt und abgestreut war.
  • Auch der Sturz einer Postzustellerin auf einer an sich nicht streupflichtigen Fläche eines Grundstücks kann durch eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht verursacht sein, wenn die Geschädigte zum Zeitpunkt des Unfalls nicht erkennen konnte, wo ein gefahrloser Zugang zum Wohnhaus des Grundstückseigentümers möglich gewesen wäre. Der Beweis für solche Umstände obliegt der Geschädigten.

Und diesen Beweis hatte die Klägerin hier nicht erbringen können.

(OLG Karlsruhe, Hinweisbeschluss v. 5.1.2016, 9 U 108/14, NJOZ 2016 S. 1153)

Dieser Inhalt ist unter anderem im WohnungsWirtschafts Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?