Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
- Die nachhaltige vertragswidrige private Nutzung eines betrieblichen Pkw durch den anstellungsvertraglich gebundenen Gesellschafter-Geschäftsführer ist nicht stets als vGA zu beurteilen.
- Unterbindet die Kapitalgesellschaft die unbefugte Nutzung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer nicht, kann dies sowohl durch das Beteiligungsverhältnis als auch durch das Arbeitsverhältnis veranlasst sein. Die Zuordnung (vGA oder Arbeitslohn) bedarf der wertenden Betrachtung im Einzelfall (Anschluss an BFH, Urteil v. 23.04.2009, VI R 81/06, BFH/NV 2009 S. 1311).
Sachverhalt
A sowie seine Lebensgefährtin waren an einer GmbH zu je 50 % beteiligt und als Geschäftsführer angestellt. Die GmbH erwarb nach-einander mehrere Pkw, die A laut Anstellungsvertrag nur geschäftlich nutzen durfte. Da eine Privatnutzung jedoch nicht auszuschließen war, erließ das Finanzamt einen Haftungsbescheid und erfasste die Privatnutzung nach der 1 %-Regelung als Sachbezug. Das FG gab der Klage statt und beurteilte den Vorteil als verdeckte Gewinnausschüttung. Der BFH hat das Urteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.
Entscheidung
Lohn ist anzunehmen, wenn ein Gesellschafter-Geschäftsführer ein betriebliches Fahrzeug vertragsgemäß privat nutzt. Wird das Fahrzeug ohne Gestattung der GmbH privat genutzt, ist dies regelmäßig, aber nicht stets eine verdeckte Gewinnausschüttung. Die Privatnutzung ist dann ein gegen den Willen der GmbH erlangter Vorteil. Das spricht gegen Arbeitslohn und für die (Mit-)Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis. Allerdings kann bei einer nachhaltigen vertragswidrigen Privatnutzung auch naheliegen, dass Nutzungsbeschränkungen nicht ernstlich, sondern nur formal vereinbart sind, da ein Arbeitgeber die unbefugte Nutzung durch einen Arbeitnehmer üblicherweise nicht duldet.
Wenn die GmbH die unbefugte Nutzung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer nicht unterbindet, kann dies sowohl durch das Beteiligungsverhältnis als auch durch das Arbeitsverhältnis veranlasst sein. Die Zuordnung bedarf dann der wertenden Betrachtung aller Gesamtumstände des Einzelfalls, wobei stets zu berücksichtigen ist, dass die vertragswidrige Privatnutzung auf einer vom schriftlich Vereinbarten abweichenden, mündlich oder konkludent getroffenen Nutzungs- oder Überlassungsvereinbarung beruhen und damit im Arbeitsverhältnis wurzeln kann.
Steht die Privatnutzung fest, müssen die FG als Tatsacheninstanz letztlich in einer Art Gesamtwürdigung den Vorteil wertend dem Gesellschafts- oder dem Arbeitsverhältnis zuordnen.
Hinweis
Für bestimmte Konstellationen der Nutzungsüberlassung besteht noch Abstimmungsbedarf zwischen der Rechtsprechung des I. und der des VI. Senats hinsichtlich der zutreffenden Einkunftsart.
Link zur Entscheidung
BFH, 11.02.2010, VI R 43/09