Streit um Abschleppkosten
Das AG München hat entschieden, dass ein privater Grundstücksbesitzer in der Regel berechtigt ist, Falschparker sofort abschleppen zu lassen, ohne die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme beachten zu müssen, solange die Maßnahme erforderlich ist, um die Besitzstörung zu beenden.
Teurer nächtlicher Ausflug
Der Kläger aus Köln hatte seinen Pkw an einem Samstag spät abends auf einer Parkfläche für Bahnbedienstete in Augsburg abgestellt, die als privater Parkplatz von der beklagten Deutschen Bahn gekennzeichnet ist. Als er 3 Stunden später zurückkehrte, war der Pkw nicht mehr da. Von der örtlichen Polizeidienststelle erfuhr er, dass sein Fahrzeug von einem Abschleppdienst auf Veranlassung der Grundstücksbesitzerin abgeschleppt worden ist. Zwischen der Beklagten und dem Abschleppdienst besteht eine Rahmenvereinbarung. Nach dieser Vereinbarung tritt die Grundstücksbesitzerin alle ihre Ansprüche gegen unberechtigte Parkplatznutzer auf Kostenerstattung an den Abschleppdienst ab, sodass der Abschleppdienst die Abschleppkosten erhebt. Der Kläger zahlte an den Abschleppdienst insgesamt 253 EUR, bevor er sein Fahrzeug wieder in Empfang nehmen konnte.
Der Kläger hatte hinter der Windschutzscheibe seines Pkw einen Zettel mit dem Hinweis "bei Parkplatzproblemen bitte anrufen" mit seiner Mobilfunknummer hinterlassen. Er ist der Meinung, dass das Abschleppen unverhältnismäßig gewesen sei. Er habe sich in der Nähe aufgehalten und hätte das Fahrzeug umgehend entfernen können. Das Fahrzeug habe auch niemanden behindert. Zudem seien die von ihm verlangten Kosten zu hoch. Den Aufwand für die Dokumentation (65,50 EUR) schulde er nicht, ebenso wenig den Nachtzuschlag (23 EUR). Er verlangt von der Bahn die Abschleppkosten zurück.
Verbotene Eigenmacht des Falschparkers
Doch nach Auffassung des AG München steht der beklagten Grundstückseigentümerin gegen den falschparkenden Kläger ein Anspruch auf Schadensersatz zu. Daher sei die Zahlung des Klägers an den Abschleppdienst mit Rechtsgrund erfolgt. Indem der Kläger sein Fahrzeug auf dem nicht der Öffentlichkeit gewidmeten Grundstück der Beklagten abstellte, habe er deren Eigentum und Besitz verletzt. Hierin liege eine verbotene Eigenmacht und ein teilweiser Besitzentzug (§§ 858, 859 Abs. 3 BGB). Der Kläger habe auch schuldhaft gehandelt. Dem Kläger hätte diese Verletzung des Eigentums und des Besitzes der Beklagten beim Abstellen seines Fahrzeugs auffallen müssen. Er selbst hatte eingeräumt, dass entsprechende Hinweisschilder für eine private Nutzung der Parkfläche vorhanden gewesen seien. Der Schaden der Grundstücksbesitzerin liege in den Kosten, die sie wegen des Falschparkens des Klägers hatte, also den Abschleppkosten.
Keine Frage der Verhältnismäßigkeit
Dabei sei die Grundstückseigentümerin – anders als eine staatliche Stelle – nicht an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden, solange ihre Maßnahmen dazu erforderlich sind, den Schaden (also die Besitzstörung durch den Falschparker) zu beseitigen. Die Beklagte, die dort Parkplätze für übernachtende Bahnmitarbeiter bereit halte, habe nicht mitten in der Nacht bei einem ihr völlig unbekannten Kfz-Halter anrufen müssen, mit dem sie ersichtlich in keinerlei geschäftlichen Kontakt gestanden habe (ggf. anders bei Kundenparkplätzen, wenn es um dort mutmaßlich abgestellte Kundenfahrzeuge gehe).
Schadenshöhe
Die reinen Abschleppkosten i. H. v. 164,50 EUR zuzüglich des Nachtzuschlags seien nicht zu beanstanden, da sie ortsüblich seien. Auch die Dokumentationskosten seien erst durch das Falschparken ausgelöst worden und daher erstattungsfähig.
(AG München, Urteil v. 2.5.2016, 122 C 31597/15)